Sport in Krisengebieten Auf der Flucht vor Bomben und Terror

Düsseldorf · In vielen Kriegsgebieten der Welt bemüht sich der Sport um Normalität inmitten von Chaos und Bomben. Doch ein geordneter Spielbetrieb ist nur noch selten möglich.

 Fußball am Strand: Flüchtlinge spielen im Sand von Griechenland gegeneinander.

Fußball am Strand: Flüchtlinge spielen im Sand von Griechenland gegeneinander.

Foto: ap

Die syrische Fußball-Liga spielt einfach weiter. Auch nach vier Jahren des Bürgerkriegs, des Terrors und der Bomben messen sich die besten Teams des Landes Woche für Woche, um am Ende der Saison ihren Meister zu küren. Doch der Schein trügt. Denn wie in vielen Krisengebieten der Erde haben Krieg und Terror den Sport in Wahrheit weitestgehend aus dem Alltag verbannt.

"Der Fußball in Syrien ist tot", sagte Mohammed Jaddou der britischen Zeitschrift WorldSoccer. Jaddou war einst Kapitän der syrischen U17-Nationalmannschaft, mit der er sich Anfang 2015 sogar für die Weltmeisterschaft in Chile qualifizierte. Noch vor Turnierbeginn flüchtete Jaddou jedoch aus seiner Heimat. "Als wir uns qualifiziert haben, habe ich versucht, alles zu vergessen und zu verdrängen", erzählt er: "Aber es ging nicht."

In Syriens Premier League steigen die Spiele nur noch in der und um die relativ sichere Hauptstadt Damaskus. Viele Teams sind für ihre Heimpartien außerdem in den Irak oder andere Nachbarländer umgezogen. Die Nationalmannschaft, die beinahe zynischerweise derzeit eine historisch gute WM-Qualifikation spielt, besteht ebenfalls nahezu ausschließlich aus Profis, die im Ausland spielen. In der Heimat waren sie immer wieder zwischen die Fronten der verschiedenen Konfliktparteien geraten.

Auch in der Ost-Ukraine ist der Fußball durch die andauernden Gefechte zwischen prorussischen Rebellen und Regierungstruppen erst einmal verschwunden. Serienmeister Schachtjor Donezk zum Beispiel trägt seine Heimspiele in der Liga und der Champions League seit über einem Jahr im mehr als 1000 Kilometer entfernten Lwiw aus. "Ich weiß noch immer nicht, wann wir wieder nach Hause können. Das ist sehr, sehr traurig", sagte Trainer Mircea Lucescu zuletzt.

Den anderen Sportarten geht es nicht anders. Oleg Golovin, Basketball-Coach in Makijiwka, beklagt sogar, dass alle Versuche, den Sport im krisengeschüttelten Gebiet wieder voranzubringen, aus Kiew torpediert werden. "Die Regierung hat meine Bemühungen, die Jugend zum Basketball zu bringen, als kriminelle Handlung eingestuft", sagte er der französischen Nachrichtenagentur AFP: "Dabei habe ich mich während der ganzen politischen Unruhen nie auf irgendeine Seite geschlagen."

In Afghanistan ist man das ständige Umziehen längst gewohnt. Die Cricket-Nationalmannschaft tingelt seit Jahren durch die verschiedensten Länder, wird nun für drei Monate in Indien campieren und spielen. In ihrer Heimat können sie schon lange nicht mehr antreten, die Gefahr durch Anschläge der Taliban ist gerade bei Massenereignissen omnipräsent. Die eindrucksvolle TV-Dokumentation "Aus der Asche" erzählt die Geschichte einer Mannschaft, die für ihre Leidenschaft allen Gefahren trotzt.

Mohammed Jaddou wiederum hat es inzwischen nach Deutschland geschafft. Wie so viele Jugendliche träumt er von einer großen Karriere in der Fußball-Bundesliga. Ein angebliches Interesse von Bayer Leverkusen hat sich allerdings vorerst zerschlagen. Doch Jaddou hat ohnehin erst einmal andere Sorgen: "Ich will, dass auch meine Familie nach Deutschland kann", sagt er: "Hierher, wo es sicher ist und man Fußball spielen kann, ohne um sein Leben zu fürchten."

(sid)
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