Fifa-Chef beteuert Unschuld Blatter sagt acht Stunden vor Ethikhütern aus

Mit der Anhörung vor der rechtsprechenden Ethikkammer haben für Fifa-Chef Joseph Blatter die Tage der Entscheidung begonnen. Eine weitere Sperre will der 79-Jährige nicht hinnehmen.

Die Chronologie zur Korruptionsaffäre bei der Fifa
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Foto: dpa

Mit einem großen Pflaster unter dem rechten Auge trat Joseph S. Blatter seinen möglicherweise letzten Gang als Fifa-Präsident an. Sichtlich angeschlagen saß der 79-Jährige auf dem Rücksitz einer schwarzen Nobelkarosse, als er am Donnerstagmorgen in die Tiefgarage der Zentrale des Fußball-Weltverbandes auf dem Zürichberg gefahren wurde.

Der einst mächtigste Mann im Weltfußball, provisorisch bereits für 90 Tage suspendiert, kämpfte wenig später stundenlang bei seiner Anhörung vor der rechtsprechenden Kammer der Fifa-Ethikkommission gegen eine lange, möglicherweise sogar lebenslange Sperre.

Erst gegen 17.00 Uhr verließ er das Fifa-Hauptquartier. Wenig später folgte die Stellungnahme seiner Anwälte: "Präsident Blatter freut sich auf ein Urteil zu seinen Gunsten, weil dies die Beweislage erfordert. Die Beweise zeigen, dass sich Präsident Blatter angemessen verhalten hat und sicher nicht gegen den Ethikcode der Fifa verstoßen hat. Die Untersuchung muss geschlossen und die Suspendierung aufgehoben werden."

Deutlich Stellung bezogen hatte Blatter bereits vor der Anhörung. Im Interview mit der Schweizer Weltwoche wiederholte er, in 40 Jahren bei der Fifa "weder gegen ethische noch juristische Regeln verstoßen" zu haben.

Die Ethikhüter sehen dies allerdings anders. Der Spruchkammer mit dem deutschen Richter Hans-Joachim Eckert liegt eine detaillierte Anklage vor, die Blatter Verstöße gegen den Ethikcode vorwirft. Die dubiose Zahlung von 1,8 Millionen Euro an den ebenfalls provisorisch suspendierten Uefa-Präsidenten Michel Platini sei rechtens, wiederholte Blatter indes noch einmal: "Alles wurde abgesegnet."

Der Fifa-Boss und Platini behaupten, dass die Zahlung ein mündlich vereinbartes Honorar für Platinis Berater-Tätigkeit in Fifa-Diensten zwischen 1998 und 2002 gewesen sei. Die Ermittler hingegen gehen von Schmiergeld zugunsten Blatters Wiederwahl vor vier Jahren aus.

Platini soll am Freitag aussagen. Der Franzose, der sich immer noch Hoffnungen macht, am 26. Februar 2016 zum neuen Fifa-Präsidenten gewählt zu werden, will nach Auskunft seiner Anwälte nicht erscheinen. Er wirft den Juristen eine Vorverurteilung vor.

Auch Blatter, der bei der Wahl seines Nachfolgers unbedingt noch den Fifa-Kongress leiten will, sieht sich als Opfer und den Prozess gegen sich als "Inquisition". Zuspruch bekam der Walliser vor dem schweren Gang vor seine Richter noch von alten Freunden.

Russlands Staatschef Wladimir Putin schlug Blatter für den Friedensnobelpreis vor, weil "sein Beitrag im humanitären Bereich kolossal" sei. Die konservative Zeitung Die Weltwoche kürte ihn sogar zum "Schweizer des Jahres", weil "dieser Ausnahmeschweizer" "als eine Mischung aus Sonderbotschafter und Entwicklungshelfer rastlos um den Planeten tourte".

Im Interview mit der Weltwoche, deren Chefredakteur und Verleger Roger Köppel ihn öffentlich schon mehrfach verteidigt hatte, folgte Blatter dieser Einschätzung: "Eigentlich müsste man mir ein Diplom überreichen für das, was ich hier erreicht habe." Ihm geht es vor allem um seinen Abgang am 26. Februar. "Wie kann ich abtreten, wenn ich suspendiert bin? Das geht nicht."

Die Urteile gegen Blatter, gegen den wegen des Vorgangs auch die Schweizer Bundesanwaltschaft ermittelt, und Platini sollen noch vor Weihnachten gefällt und verkündet werden. Im Falle einer Verurteilung will Blatter alle Instanzen ausschöpfen. Er könnte vor den Internationalen Sportgerichthof CAS und vor das Schweizer Bundesgericht ziehen.

50 Konten gesperrt

Unterdessen wurden im Zusammenhang mit der Fifa-Korruptionsaffäre in der Schweiz rund 50 Konten heutiger und ehemaliger Funktionäre gesperrt. Nach Angaben des Schweizer Bundesamts für Justiz (BJ) ist ein "hoher zweistelliger Millionenbetrag" eingefroren. Der Schweizer "Tagesanzeiger" berichtete, es dürfte sich um einen Betrag von 50 Millionen bis 100 Millionen Euro handeln. Das Bundesamt habe auf Ersuchen der amerikanischen Ermittler zehn Schweizer Geldhäuser kontaktiert und Informationen angefordert. Nun werde geprüft, ob es die 50 Konten, die die USA interessieren, tatsächlich gebe oder gab und ob eine Verbindung zu den erhobenen US-Vorwürfen bestehe.

(old/sid)
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