Ex-Bundestrainer USA feuern Jürgen Klinsmann

Düsseldorf · Kein WM-Sommermärchen mit der Wahlheimat: Jürgen Klinsmann ist nicht länger Chefcoach der amerikanischen Fußball-Nationalmannschaft. Der US-Verband entzog dem 52-Jährigen nach zuletzt enttäuschenden Leistungen am Montag das Vertrauen und wagt rund eineinhalb Jahre vor der WM-Endrunde 2018 in Russland einen Neuanfang ohne den früheren Bundestrainer.

Das ist Jürgen Klinsmann
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Foto: dpa/Robert Michael

"Wir haben eine schwierige Entscheidung getroffen. Wir möchten Jürgen für seine Arbeit und Hingabe in den vergangenen fünf Jahren danken", sagte Verbandsboss Sunil Gulati. Die Form und Entwicklung der Mannschaft habe zu der Überzeugung geführt, einen neuen Weg einschlagen zu müssen.

Details hierzu will Gulati am Dienstag in einer Telefonkonferenz erläutern. Als heißester Anwärter auf Klinsmanns Nachfolge gilt sein Vorvorgänger Bruce Arena.

Nach über fünf gemeinsamen Jahren mit Höhen und Tiefen sah sich der Verband angesichts des zuletzt desolaten Auftretens in der WM-Qualifikation zum Handeln gezwungen. Nach einer Niederlage gegen den Erzrivalen Mexiko (1:2) und der peinlichen Pleite in Costa Rica (0:4) ist das US-Team Schlusslicht in der entscheidenden Qualifikationsrunde Nord- und Mittelamerikas.

Die Befürchtung, das Turnier beim einstigen Klassenfeind zu verpassen, ist groß - noch nie hatten die USA die ersten beiden Partien einer WM-Qualifikation verloren. Der Zeitpunkt der Trennung von Klinsmann kommt für Amerikaner nunmehr günstig - das nächste Spiel steht erst am 24. März 2017 gegen Honduras an, vier Tage später müssen die USA in Panama antreten. Klinsmanns Nachfolger dürfte also reichlich Zeit zur Einarbeitung haben.

Die Anzeichen auf die bevorstehende Trennung hatten sich zuletzt verdichtetet, die Mechanismen des Geschäfts begannen zu greifen. Medien wie die Sports Illustrated ("Es ist Zeit zu gehen") oder USA Today ("Diesmal kann sich Klinsmann nicht rausreden") schossen sich auf den Schwaben ein. Und auch Gulati verzichtete auf ein Treuebekenntnis.

Gegen die zunehmende Kritik an seiner Arbeit hatte sich Klinsmann noch am Sonntagabend öffentlich gewehrt. "Fakt ist, dass wir jüngst zwei Spiele verloren haben. Fußball ist emotional, doch viele Leute ziehen voreilige Schlüsse, ohne Ahnung vom Innenleben der Mannschaft oder vom Fußball zu haben", sagte Klinsmann im Gespräch mit der New York Times.

Auf die Trennungsgerüchte reagierte er gelassen. "Ich habe keine Angst. Ich glaube weiterhin, dass wir die notwendigen Punkte für die Qualifikation sammeln", so Klinsmann. Die Mannschaft befinde sich in einer Übergangsphase, "wir müssen noch immer junge Spieler integrieren, Führungsfiguren finden." Es gebe viele Herausforderungen. Zugleich räumte Klinsmann aber auch Fehler ein: "Ich habe nicht gesagt, dass ich mir nichts vorzuwerfen habe."

Doch letztlich retteten den Deutschen, der seine Zelte bereits vor Jahren in Kalifornien aufgeschlagen hatte, weder seine Visionen für den US-Fußball, der Spielplan noch der Modus. Mexiko (WM-Achtelfinalist) und Costa Rica (WM-Viertelfinalist) waren auf dem Papier die schwersten Gegner für die US-Amerikaner, die seit 1990 bei jeder Endrunde dabei waren. Auch dass sich zudem die ersten Drei der Sechser-Gruppe direkt für Russland qualifizieren, nützte Klinsmann nichts.

Klinsmann war seit 2011 im Amt und führte die US-Boys unter anderem ins Achtelfinale der WM 2014. Ein Jahr zuvor hatte er mit den USA vor heimischen Publikum den Gold Cup gewonnen, im Vorjahr scheiterte das Team bei der Kontinentalmeisterschaft im Halbfinale an Jamaika. Bei der Copa America im Sommer schieden die USA erst im Halbfinale gegen Vize-Weltmeister Argentinien aus.

Klinsmanns Verdienste für den Fußball im Land des American Football, Baseball und Basketball sind vor allem außerhalb des Platzes groß. Unter seiner Regie stieg das Ansehen des "Soccer" stetig, die WM 2014 verfolgten etwa mehr Fans als jemals zuvor in den USA.

Mit ehrgeizigen Zielen sollte 2018 in Russland eine vergleichbare Euphorie entfacht werden. "Unser Ansporn ist ein WM-Halbfinale. Das wird uns viel Schweiß kosten, es wird jede Menge Arbeit", sagte Klinsmann. Seine Aufgabe ist es nun nicht mehr.

(seeg/sid)
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