Ermittlungen beginnen 2016 Beckenbauer und Zwanziger im Visier der Fifa-Ethikkommission

Düsseldorf · Für die Schlüsselfiguren der WM-Affäre könnte 2016 ein ziemlich ungemütliches Jahr werden. Die Rolle von Franz Beckenbauer, Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger wird nicht nur DFB-intern von der Wirtschaftskanzlei Freshfields beleuchtet - was in der Folge strafrechtliche Konsequenzen haben könnte - auch die Ethikkommission des Fußball-Weltverbands Fifa wird wohl Ermittlungen gegen das Trio aufnehmen.

 Die Ethikkommission der Fifa wird im kommenden Jahr gegen Franz Beckenbauer (l.) und Theo Zwanziger ermitteln.

Die Ethikkommission der Fifa wird im kommenden Jahr gegen Franz Beckenbauer (l.) und Theo Zwanziger ermitteln.

Foto: dapd, dapd

Darauf jedenfalls weisen Informationen des Nachrichtenmagazins "Spiegel" aus der Vorwoche und der "Bild" vom Mittwoch eindeutig hin. Demnach soll nach dem Ende der Freshfields-Ermittlungen sowie der Veröffentlichung des Abschlussberichts voraussichtlich Ende Februar die Ethikkommission aktiv werden.

Zwanziger (70) sieht möglichen Ermittlungen mit gewohnter Gelassenheit und Angriffslust entgegen. "Wenn sie ermitteln wollen, dann sollen sie es doch endlich tun!", sagte der ehemalige Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) am Mittwoch: "Ich setze mich mit solchen Ankündigungsparolen nicht auseinander. Es wird, was mich betrifft, ohnehin nichts dabei herauskommen."

Im Falle Zwanzigers und auch Beckenbauers würde der Weltverband ein stumpfes Schwert führen. Eine wie auch immer geartete Sperre liefe bei ihnen ins Leere, weil die beiden einstmals hochrangigen Funktionäre keine offiziellen Ämter mehr im Fußball haben. Anders wäre es bei Niersbach, der mehr zu verlieren hat als seinen Ruf: Er sitzt im Exekutiv-Komitee der Fifa und auch in jenem der Europäischen Fußball-Union (Uefa).

"Niersbachs Rücktritt als DFB-Präsident hat keine Auswirkungen auf seine internationalen Ämter", hatte DFB-Interimsboss Rainer Koch zuletzt gesagt. Die Ethikkommission könnte den einstigen Hoffnungsträger für Reformen jedoch aus dem Verkehr ziehen, wie es sie schon mit dem FIFA-Präsidenten Joseph S. Blatter und dem Uefa-Präsidenten Michel Platini getan hat: Beide wurden für acht Jahre gesperrt.

Andreas Bantel, Sprecher der Ethikkommission, verweigerte einen Kommentar. Er bestätigte allerdings: "Derzeit läuft kein formelles Verfahren gegen Wolfgang Niersbach, Franz Beckenbauer oder Theo Zwanziger."

Dennoch: Nach den Sperren gegen Blatter/Platini geraten offensichtlich die Spitzenfunktionäre des "Sommermärchens" 2006 verstärkt in den Fokus. Beckenbauer (70) war 2014 von den Fifa-Ethikern bereits für 90 Tage gesperrt worden, weil er einen Fragenkatalog zur Vergabe der WM 2022 an Katar nicht beantwortet hatte. Nach zwei Wochen wurde die Sperre aufgehoben — Beckenbauer hatte die Antworten nachgereicht.

Nun soll es neben der ungeklärten Zahlung von 6,7 Millionen seitens des OK im Vorfeld der WM auch um einen dubiosen Vertrag zwischen Beckenbauer und dem mittlerweile lebenslang gesperrten Fifa-Vizepräsidenten Jack Warner gehen. Dieses angeblich nie umgesetzte "Beckenbauer-Dokument" wird von der DFB-Interimsführung als Bestechungsversuch gewertet.

Aus Vernehmungsprotokollen von Freshfields, die ebenfalls via Bild-Zeitung an die Öffentlichkeit gelangten, geht hervor, dass Niersbach (65) seinen alten Freund Beckenbauer schwer belastet hat. Demnach seien die Millionen inoffiziell an die Fifa-Finanzkommission geflossen, um 2002 Blatters Wiederwahl zu finanzieren.

Ähnlich soll sich der ehemalige DFB-Vize-Generalsekretär Stefan Hans geäußert haben. Beckenbauer hatte die Sicherung eines späteren Zuschusses für die WM-Organisation in Höhe von 170 Millionen Euro als Grund für die Überweisung angegeben. Blatter bestreitet dies vehement.

Gegen Niersbach, Zwanziger und den früheren DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt ermittelt zudem weiterhin die Staatsanwaltschaft Frankfurt wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem schweren Fall.

(seeg/sid)
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