Manipulation im Welt-Fußball Fifa räumt erstmals Bestechung ein

Zürich · Bei der Vergabe der Turniere an Frankreich und Südafrika sind Stimmen gekauft worden. Der Fußball-Weltverband verlangt Schadenersatz von ehemaligen Funktionären in Höhe von 171,5 Millionen Euro.

 Die Fifa betrachtet sich neuerdings als "geschädigte" Institution.

Die Fifa betrachtet sich neuerdings als "geschädigte" Institution.

Foto: dpa, mr

1998 bejubelt die Fußball-Welt den Franzosen Zinédine Zidane und seine multikulturelle Nationalmannschaft. Sie wird im eigenen Land nach einem 3:0-Erfolg über Brasilien Weltmeister. Zwölf Jahre später eröffnet der greise südafrikanische Nationalheld Nelson Mandela das Turnier in Südafrika. Es ist die erste WM auf afrikanischem Boden. Ein ebenso historisches Ereignis wie der Sieg von Zidanes Team. Jetzt steht fest, dass bei der Vergabe beider Turniere Korruption im Spiel war. Erstmals räumt der Weltverband Fifa ein, dass es bei beiden Turnieren Stimmenkäufe gab.

Unter ihrem neuen Präsidenten Gianni Infantino, der vor einem Monat zum Nachfolger von Sepp Blatter gewählt wurde, scheint die Fifa energisch gegen Korruption vorgehen zu wollen. Jedenfalls fordert der Weltverband von 41 früheren hohen Funktionären Schadenersatz in einer Höhe von mindestens 171,5 Millionen Euro. "Der Schaden, der von der Habgier der Angeklagten angerichtet wurde, kann nicht übertrieben genug dargestellt werden", schreibt die Fifa in ihrem 22 Seiten langen "Entschädigungsbegehren".

Den Betrug bei der Vergabe der Turniere an Frankreich und Südafrika haben US-Ermittler aufgedeckt, deren Erkenntnisse im vergangenen Mai dazu führten, dass vor dem Fifa-Kongress in Zürich neun hohe Funktionäre festgenommen wurden - ein Teil von ihnen im Morgengrauen im Hotel. Unter den nun beschuldigten ehemaligen Fußball-Funktionsträgern sind die ehemaligen Fifa-Vizepräsidenten Jack Warner und Jeffrey Webb sowie Chuck Blazer und Ricardo Teixeira, die früher im Exekutivkomitee der Fifa saßen. Vor allem Blazers Aussagen vor den US-Ermittlern sollen die 41 Funktionäre belasten. Im Fokus der Ermittler stehen zunächst die amerikanischen Kontinentalverbände.

Die Vergabe der WM 2006 an Deutschland wird von den US-Behörden noch nicht untersucht. Und bei der Fifa ist es ebenfalls noch kein Thema, die höchst umstrittene Wahl der Ausrichter 2018 (Russland) und 2022 (Katar) neu aufzulegen. Trotzdem fällt auch auf sie ein tiefer Schatten, denn die beiden Hauptpersonen im Korruptionsskandal um die Veranstaltungen in Frankreich und Südafrika stimmten in allen drei Fällen mit ab. Jack Warner, seinerzeit Präsident der Konföderation der nordamerikanischen und karibischen Fußball-Verbände (Concacaf), und sein Generalsekretär Chuck Blazer sollen den Stimmenkauf bei der WM 2010 organisiert haben. Die Fifa beziffert ihre Ansprüche auf Schadenersatz gegen Warner auf 3,9 Millionen Euro, gegen Blazer auf 4,7 Millionen Euro. Mindestens 25,3 Millionen Euro an Aufwandsentschädigungen und Gehältern seien ebenfalls unrechtmäßig an die beiden geflossen.

"Die Angeklagten haben dieses Geld nicht nur der Fifa, sondern den Spielern, Trainern und Fans weltweit entzogen", erklärt Infantino, "dieses Geld war für den Bau von Fußballplätzen bestimmt und nicht für Villen und Swimmingpools, für die Anschaffung von Fußballausrüstung statt von Schmuck und Autos." Die Fifa "will das Geld zurück, und wir sind entschlossen, es zu bekommen, egal, wie lange es dauern wird". 171 Millionen Euro haben die US-Behörden bereits beschlagnahmt, allein vom brasilianischen Rechtehändler José Hawilla wurden 135 Millionen Euro eingefroren.

Die Fifa betrachtet sich in der Angelegenheit ausdrücklich als "geschädigte Institution". Die Ermittlungen erstrecken sich nicht auf den ehemaligen Fifa-Chef Sepp Blatter.

(pet)
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