Wer wird Blatter-Nachfolger? Das große Warten auf das weiße Kaninchen

Am Montag schließt die Liste von Kandidaten für die Wahl eines neuen Fifa-Präsidenten. Klar ist bisher nur, dass so gut wie nichts klar ist.

 Scheich Ahmad al Fahad al Sabah (l.) zog bislang lieber hinter den Kulissen die Strippen.

Scheich Ahmad al Fahad al Sabah (l.) zog bislang lieber hinter den Kulissen die Strippen.

Foto: afp, fc/tlr

Die Kandidaten-Kür für die Wahl eines neuen Fifa-Präsidenten gerät zum Thriller. Wer beim Kongress des Fußball-Weltverbandes am 26. Februar 2016 die Nachfolge des suspendierten Schweizers Joseph S. Blatter übernehmen will und auch darf, erscheint auch wenige Tage vor Ablauf der Bewerbungsfrist am Montag (26. Oktober) noch weitgehend offen.

Kaum einer der zahlreich gehandelten Anwärter jedenfalls hat in dem Machtpoker schon seine Karten auf den Tisch gelegt. Von den bisherigen Favoriten ist so mancher auch schon wieder fast aus dem Rennen.

Zuvorderst natürlich Michel Platini. Der Boss der Europäischen Fußball-Union (Uefa) kämpft nach seiner Suspendierung wegen einer Zwei-Millionen-Schweizer-Franken-Zahlung der Fifa zwar verbissen um seine Chancen, die aber trotz der am Dienstag beschlossenen Aussetzung von Integritätschecks für gesperrte Kandidaten praktisch auf den Nullpunkt gesunken sein dürften.

Der jordanische Prinz Ali bin Al Hussein dürfte im Februar nicht annähernd genug Stimmen zusammenbekommen. Der frühere Blatter-Herausforderer von Platinis Gnaden hat weiter nicht einmal in seinem asiatischen Kontinentalverband eine verlässliche Mehrheit hinter sich und gilt außerdem als zu farblos.

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Bis vor einigen Tagen galt hingegen der Südafrikaner Tokyo Sexwale als konsensfähige Alternative. Doch die Lobpreisungen ausgerechnet von Blatter und auch Franz Beckenbauer, der durch die wabernden Korruptionsgerüchte um die Vergabe der WM 2006 an Deutschland auch international an Strahlkraft verloren hat, haben sich inzwischen für den Unternehmer und Ex-Mithäftling von Freiheits-Ikone Nelson Mandela zum Makel umgekehrt.

Und sonst? Asiens Verbandschef Scheich Salman bin Ibrahim al-Khalifa (Bahrain), nach dem Aus des gesperrten Ex-Fifa-Vize Chung Mong-Joon (Südkorea) kraft seines Amtes ein natürlicher Kandidat, redetet sich zuletzt vor allem selbst groß. Allerdings muss der Cousin von Bahrains König aufgrund seiner bisher noch kaum ausgeleuchteten Rolle bei den blutigen Unruhen in seiner Heimat das Veto der Fifa-Ethikkommission fürchten.

Ob Brasiliens Idol Zico nach seiner frühen Ankündigung überhaupt die geforderte Unterstützung von fünf Nationalverbänden beschaffen kann, darf unterdessen auch bezweifelt werden. Der "weiße Pele" musste bereits von seinem Heimatverband einen Korb verkraften.

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Foto: afp, pe/aa/RAB

Immerhin fünf Verbände hat dagegen David Nakhid aus Trinidad und Tobago, der bislang dritte offizielle Bewerber neben Platini und Prinz Ali, schon für sich begeistert. Aufgrund seines Herkunftslandes muss sich der frühere Nationalmannschafts-Kapitän jedoch immer wieder auch Spekulationen über eine angeblich zu große Nähe zu Jack Warner, der karibischen Schlüsselfigur für viele offene Fragen im Fifa-Skandal, erwehren. Außerdem dürfte sein Beruf als Leiter einer Fußball-Schule kaum die Qualitätskriterien für Kandidaten erfüllen.

Für Michael van Praag wäre das Anforderungsprofil kein Problem. Der Name des niederländischen Verbandschefs fällt seit Platinis Suspendierung auch wieder häufiger als Europas Machtoption auf den Fifa-Thron für den Fall des endgültigen K.o. für den Uefa-Boss. Doch soll der 68-Jährige, der im Frühjahr seine Kandidatur gegen Blatter kurz vor der Wahl zugunsten Prinz Alis zurückzog, mehr Ambitionen auf Platinis Uefa-Chefrolle nachgesagt.

Nach Lage der Dinge könnte also noch ein "weißes Kaninchen" für einen großen Aha-Effekt sorgen. Ob jedoch Kuwaits graue Eminenz, Scheich Ahmad al Fahad al Sabah, die Rolle des Strippenziehers gegen die Aufgabe als Frontschwein einzutauschen bereit ist, darf bezweifelt werden. Ex-Kandidatenanwärter Jerome Champagne (Frankreich) hätte für einen neuen Anlauf zwar als Einziger auch ein überzeugendes Programm, gilt aber aufgrund seiner früheren Fifa-Tätigkeit als ungeeignet für einen Neuanfang.

Gut möglich, dass ein spektakulärer Seitenwechsel in dem Machtspiel die Entscheidung bringt: Insider sehen im derzeitigen Fifa-Chefaufseher Domenico Scala (Schweiz) einen ernstzunehmenden Geheimtipp.

(sid)
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