Fifa-Wahl in Zürich Mit Risiken und Nebenwirkungen

Zürich/Düsseldorf · Der Deutsche Fußball-Bund unterstützt Gianni Infantino bei der Wahl zum neuen Fifa-Präsidenten. Der DFB hat den Schweizer nicht weiter hinterfragt, weil man zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist.

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Foto: dpa, ade nic

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist mit drei Vertretern zur Präsidentenwahl des Weltverbands Fifa nach Zürich gereist. Reinhard Rauball, Rainer Koch (die beide kommissarisch die Amtsgeschäfte des DFB führen) und Schatzmeister Reinhard Grindel. Der 54-jährige Grindel, der im April zum DFB-Präsidenten gewählt werden soll, ist für Generalsekretär Helmut Sandrock eingesprungen. Offiziell ist Sandrock wegen einer Erkrankung ausgefallen. Hinter den Kulissen wird indes eifrig spekuliert, ob nicht mehr dahinterstecken könnte. In einer Woche veröffentlicht die Kanzlei Freshfields ihren Abschlussbericht über mögliche Unregelmäßigkeiten rund um die WM 2006. Es ist wohl nicht ausgeschlossen, dass noch weitere Spitzenfunktionäre durch die Ergebnisse belastet werden.

In Zürich treffen Rauball, Koch und Grindel auf Wolfgang Niersbach. Der Ex-Präsident des DFB ist als Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees bei der außerordentlichen Versammlung dabei. Das ist ihm noch geblieben - sein Spitzenamt beim nationalen Verband musste er in der Affäre um das "Sommermärchen" aufgeben. Niersbach hat freilich bis heute immer beteuert, nichts von Tricksereien gewusst zu haben. Möglicherweise ist das nicht der Fall.

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Der "Stern" berichtet, dass die ominöse Zahlung von 6,7 Millionen Euro im Zusammenhang mit einem Zuschuss des Weltverbandes Fifa für die Organisation der WM-Endrunde 2006 in Deutschland in Höhe von nur 70 Millionen Euro stehen soll. Bisher ist angenommen worden, dass zwischen der Überweisung von 2005 und dem gesamten Fifa-Zuschuss von 170 Millionen Euro eine Verbindung besteht. Die neuen Papiere stärken den schon länger bestehenden Verdacht, dass 2002 der Wahlkampf des mittlerweile für sechs Jahre gesperrten Ex-Präsidenten Joseph Blatter unterstützt wurde.

Die Fifa verfolgt öffentlich mit Nachdruck den Versuch, deutlich transparenter zu werden. Dass es allerdings keine allzu großen Verwerfungen in dem seit Jahren bewährten Modell geben wird, verdeutlichen allein die Personen, die für die Neuaufstellung zur Verfügung stehen. Die Favoriten auf die Nachfolge des bisherigen Familienoberhaupts Blatter sind Salman bin Ibrahim al-Khalifa aus Bahrain und der Schweizer Gianni Infantino. Beide haben im System Blatter seit Jahren mitgespielt und sind nicht gerade durch Reformwillen aufgefallen.

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Foto: AP/Michael Probst

In Ermangelung von Alternativen hat sich der DFB schließlich für Infantino als europäischen Kandidaten ausgesprochen. Der Generalsekretär der Uefa ist ins Rennen geschickt worden, weil kein anderer mehr zur Verfügung stand. Der Franzose Michel Platini, bis vergangenen Dezember Präsident der Uefa, wurde wegen Mauscheleien mit Blatter ebenfalls gesperrt. Niersbach, der lange als aussichtsreicher Bewerber galt, ist über die WM-Affäre gestolpert. Blieb Infantino übrig, Waliser wie Blatter. Ihre Geburtsorte Visp (Blatter) und Brig (Infantino) trennen keine zehn Kilometer.

Seit 15 Jahren arbeitet Infantino für die Uefa, spricht neben Englisch, Französisch, Deutsch, Spanisch sowie Italienisch auch Arabisch. Einem breiteren Publikum ist er bekannt geworden, weil er als Zeremonienmeister bei der Auslosung der Champions League fungiert. Der 45-Jährige, Vater von vier Kindern, hat sich spät für eine Kandidatur entschieden. "Als ich gesehen habe, was bei der Fifa passiert, war mir klar, dass ich mich nicht zurücklehnen und dabei zusehen kann, wie alles zerstört wird oder sich selbst zerstört. Es muss etwas getan werden, und zwar für den Fußball."

Er hat von den Großen gelernt und den Delegierten lukrative Wahlversprechen mitgebracht. Infantino offeriert den 209 Mitgliedsverbänden Finanzmittel von je 4,5 Millionen Euro für vier Jahre und mehr Teilnehmerländer bei der WM, sollte er Präsident werden. Natürlich alles zum Wohle des Fußballs. Die Stimme für den DFB gibt übrigens Reinhard Grindel ab.

(gic)
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