Todesdrohung und Selbstmord Fifa-Prozess wird zum Mafia-Drama

New York/Frankfurt · Schon an den ersten Tagen erinnerte der Fifa-Prozess an einen Mafia-Film. Ein Beschuldigter soll Selbstmord begangen haben, ein Zeuge fürchtet um sein Leben.

Die Fifa kommt nicht zur Ruhe.

Die Fifa kommt nicht zur Ruhe.

Foto: afp, mb/le

Es war nur eine kleine Geste, doch sie war unmissverständlich. Als Alejandro Burzaco im Zeugenstand des Fifa-Prozesses weiter auspackte, den tiefen Korruptionssumpf detailliert beschrieb, strich sich einer der Angeklagten mit zwei Fingern über den Hals. Was die empörte Staatsanwaltschaft sofort als Todesdrohung rügte, erinnerte an einen Mafia-Film - der immer makaberer wird.

Schon die Nachricht vom vermeintlichen Selbstmord des Argentiniers Jorge Delhon, nur kurz nachdem er von Burzaco ebenfalls der Korruption im Fußballgeschäft bezichtigt worden war, warf einen dunklen Schatten auf den Prozesstag am Mittwoch (Ortszeit) im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Burzaco erschien sichtlich mitgenommen vor Gericht, zwischenzeitlich musste die Befragung unterbrochen werden. Und dann machte Manuel Burga seine Halsabschneider-Geste.

Gerüchte, dass Zeugen bedroht werden, hatten schon vor dem Prozessauftakt die Runde gemacht. Auch deshalb werden die Namen der Geschworenen geheim gehalten. Angeklagt sind neben Burga (60) Jose Maria Marin (85) und Juan Angel Napout (59). Die drei waren vor dem Fifa-Skandal einflussreiche Funktionäre im südamerikanischen Kontinentalverband CONMEBOL, in dem (laut Burzaco) unter der Hand ungeheuerliche Summen als Gegenleistung für TV-Rechte an Turnieren und Spielen geflossen sein sollen.

Perus früherer Fußballchef Burga wurde demnach mit 3,6 Millionen Dollar bestochen, der ehemalige FIFA-Vizepräsident und CONMEBOL-Boss Napout strich 4,5 Millionen ein und der ehemalige brasilianische Verbandsboss Marin 2,7 Millionen. Und noch mehr Geld sei versprochen worden, sagte Burzaco, der sich bereits 2015 der Korruption schuldig bekannt hatte und einen Deal mit den Ermittlern eingegangen war.

Der frühere Chef einer argentinischen Sportmarketingfirma (Torneos y Competencias), die im Fifa-Korruptionsnetz eine entscheidende Rolle gespielt hatte, war aber offenbar mit großer Angst in den Zeugenstand getreten. Laut eigener Aussage habe ihn sein Bruder, der in Argentinien für die Regierung arbeitet, eindringlich gewarnt, dass Teile der Polizei in Buenos Aires verhindern wollten, dass er in New York auspackt - mit allen Mitteln.

Die vorsitzende Richterin Pamela Chen wertete Burgas Geste, die von den Staatsanwälten sogar zweimal beobachtet wurde, als versuchte "Einschüchterung des Zeugen" und ordnete an, dass der Angeklagte mit einer Fußfessel überwacht werden muss und keinerlei Zugang zu Computern oder Handys haben darf.

Burgas Rechtsbeistand verteidigte den Peruaner, der wie Marin und Napout seine Unschuld beteuert. Sein Klient habe "sich nur am Hals gekratzt" und leide an Dermatitis, sagte sein Anwalt Bruce Udolf. Dennoch befeuerte die kleine Geste Spekulationen, dass sich auch Delhon am Vortag im Großraum Buenos Aires nicht freiwillig vor einen Zug gestürzt habe.

Darauf deutet in den argentinischen Medien und Mitteilungen der Polizei bislang nichts hin. Als Udolf aber anführte, dass Burzaco nicht wegen Burgas (angeblicher) Geste, sondern wegen Delhons Selbstmord emotional in einer schlechten Verfassung sei, entgegnete Chen: "Sie nennen es Selbstmord, niemand weiß das sicher."

Fortgesetzt wird der Fifa-Prozess an fast jedem Werktag, mindestens über Wochen, wenn nicht Monate. Insgesamt richtet sich die US-Anklageschrift gegen 42 frühere Offizielle und Manager. Es geht um knapp 100 Verbrechen und ein Gesamtvolumen von 200 Millionen Dollar. Die Verhandlung gegen Marin, Napout und Burga wird nur der Anfang sein.

(sid)
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