Fifa sucht neuen Präsidenten Prinz Ali fordert gläserne Wahlkabine

Zürich · Die Woche der Wahrheit beginnt: Nach Monaten tief in der Krise soll bei der Fifa innerhalb von ein paar Tagen alles auf null gestellt werden. Vor der Präsidentschaftswahl und der Verabschiedung der längst überfälligen Reformen am Freitag braucht der Fußball-Weltverband aber zwingend ein klares Urteil zu den "Altlasten".

Ali bin Al-Hussein – Prinz und Fußball-Funktionär
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Das ist Prinz Ali bin Al-Hussein

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Foto: afp, pe/aa/RAB

Das Szenario, das auf dem Zürichberg fast alle zittern lässt: Die Fifa-Berufungskommission erklärt die achtjährige Sperre für Joseph S. Blatter (und Uefa-Boss Michel Platini/60) für nichtig, der 79-Jährige ist plötzlich wieder Fifa-Präsident und dürfte beim Kongress am 26. Februar große Reden schwingen. Unabhängig von Schuld und Unschuld: Das ist das Letzte, was die Fifa braucht.

Deshalb hoffen die Reformer innerhalb des Verbandes auf eine möglichst geräuschlose Bestätigung der Urteile der Fifa-Ethikkommission, die Blatter und Platini Ende 2015 bis 2023 aus dem Verkehr gezogen hatten. Die beiden einst mächtigsten Funktionäre können dann zwar noch den Internationalen Sportgerichtshof CAS anrufen, was auch ihr gutes Recht ist. Bis die sportrechtlich letzte Instanz dann aber eine Entscheidung gefällt hat, gibt es längst eine "neue Fifa".

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Die Wahl am Freitag werden Scheich Salman bin Ibrahim Al Khalifa (50/Bahrain) und Uefa-Generalsekretär Gianni Infantino (45/Schweiz) unter sich ausmachen. Der Franzose Jerome Champagne (57), der jordanische Prinz Ali bin Al Hussein (40) und Tokyo Sexwale (62/Südafrika) sind die krassen Außenseiter. Sie klauen höchstens ein paar der maximal 209 Stimmen.

Infantino vergleicht Kongress mit WM-Finale

"Der Kongress ist wie ein WM-Finale — und wir müssen gewinnen", sagte Infantino der Schweizer Zeitung Le Matin Dimanche. Es gehe ihm nicht um "Macht", vor ein paar Monaten habe er ja noch gar nicht daran gedacht, "dieses Abenteuer zu bestreiten", sagte er.

Das Lockvogel-Versprechen für eine Vergrößerung des WM-Turniers von 32 auf 40 Mannschaften rechtfertigte Infantino in Interviews mit den Schweizer Blättern "Blick" und "Basler Zeitung" mit der gestiegenen Qualität. "Der Fußball wird immer besser auf der ganzen Welt, auf jedem Kontinent. Immer mehr Länder haben die Qualität, auf dem Level zu sein", sagte er.

Champagne machte am Sonntag erneut deutlich, dass er auf keinen Fall zurückziehen werde. "Ich bin bereit, die Zeit der Entscheidung ist gekommen", schrieb er in einem Brief an die Fifa-Mitglieder.

Champagne legt Beschwerde ein

Darüber hinaus hat Champagne offizielle Beschwerde wegen eines angeblichen Vorteils seiner Mitbewerber Gianni Infantino und Scheich Salman bin Ibrahim al Chalifa eingereicht. Der Franzose forderte die Fifa auf, zusätzliche Akkreditierungen für 20 "Beobachter" der Uefa und sieben Entsandte des asiatischen Fußball-Verbandes zu streichen. Diese Personen könnten ansonsten im Zürcher Hallenstadion für die Kandidaten der großen Kontinentalverbände werben. Als unabhängiger Kandidat bliebe ihm diese Möglichkeit versagt.

Prinz Ali, der im vergangenen Jahr gegen Blatter verloren hatte, suchte das Rampenlicht mit einem Anruf beim CAS. "Nur ein transparente Glaskabine kann beweisen, dass jeder Abstimmende bei seinem Votum nur seinem Herzen und seinem Gewissen folgt. Dass es keine Zwangsstimmen gibt, die durch gepostete Fotos und damit Druck von außen erzwungen wurden", sagte Renaud Semerdjian, einer der Anwälte von Prinz Ali, zur Nachrichtenagentur AFP. Domenico Scala, der für die Wahl zuständigen Fifa-Kommissionschef, hatte die Glaskabine bereits abgelehnt.

Zustimmen sollen die Fifa-Mitglieder noch vor der Wahl der "gläsernen" Fifa. Amtszeitbeschränkungen, eine neue Machtstruktur und Frauenquote sowie deutlich mehr Transparenz in Sachen Gehälter sind Teil des Reformpakets, das das vergangene Horrorjahr vergessen machen soll.

"Für die Annahme ist eine Dreiviertelmehrheit nötig. Das ist alles andere als ein Selbstläufer, und es wäre ein Albtraum, wenn dieses Paket abgelehnt würde", sagte Reinhard Rauball, Interimspräsident des Deutschen Fußball-Bundes und DFB-Delegationsleister, der "FAZ": "Und egal, welcher Präsident dann gewählt würde: Er stünde vor einem Chaos, denn diese Krise der Fifa wäre noch größer, als sie ohnehin schon ist." Die Woche der Wahrheit beginnt...

(seeg/sid)
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