Premier League kennt kein Limit Firmino läutet den englischen Kaufrausch ein

Sinsheim · Dank der TV-Milliarden kann die Premier League prassen – und bringt damit das Transfer-Karussell europaweit in Schwung. Die Bundesligisten haben das Nachsehen.

Das ist Roberto Firmino
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Dank der TV-Milliarden kann die Premier League prassen — und bringt damit das Transfer-Karussell europaweit in Schwung. Die Bundesligisten haben das Nachsehen.

Roberto Firmino war nur der Anfang. Die 41 Millionen Euro des FC Liverpool für Hoffenheims Brasilianer sind für die Fußball-Bundesliga ein Rekordwert. In England werden die Transfersummen in den nächsten Wochen noch weiter explodieren. Dank der neuen TV-Milliarden können die Klubs der Premier League prassen. Die deutschen Vereine haben im Wettbieten praktisch keine Chance.

Manchester City will englischen Medienberichten zufolge 114 Millionen Euro Ablöse für den Franzosen Paul Pogba von Juventus Turin ausgeben — und das scheint tatsächlich möglich. Die englischen Clubs haben schon jetzt die mit Abstand höchsten Medien-Einnahmen, doch die Differenz zu den Vereinen im Rest der Welt wird sich dank des 2016 greifenden neuen Deals weiter vergrößern.

Bereits in der abgelaufenen Saison kassierten die Queens Park Rangers als Tabellenletzter der Premier League mit 86 Millionen Euro an Fernsehgeldern deutlich mehr als der deutsche Meister Bayern München (50,6 Millionen Euro). Oder um beim Beispiel Firmino zu bleiben: Liverpool benötigte nicht einmal ein Drittel seiner TV-Einnahmen (125 Millionen), um die Ablöse nach Hoffenheim zu überweisen. Für den Bundesliga-Zweiten VfL Wolfsburg (35,1 Millionen) wäre er so nicht zu bezahlen gewesen.

Roberti Firmino und sein erstes Liverpool-Trikot:

Und der Wettbewerbsnachteil der Bundesliga wird noch größer: Mehr als drei Milliarden kann die Premier League demnächst pro Saison verteilen. Die Bundesliga kann bis zum Auslaufen der derzeitigen Verträge 2017 lediglich ein Viertel davon ausschütten. Dieses Ungleichgewicht macht viele in der Bundesliga nervös, denn im Poker mit einem Club der Premier League ist ein deutscher Erstligist naturgemäß zweiter Sieger.

Der sich abzeichnende Kaufrausch kann aber auch angenehme Seiten haben. So wurde Hannover 96 den zuletzt auf der Bank sitzenden Stürmer Joselu für acht Millionen Euro los, die Stoke City aus seiner TV-Einnahme von 104 Millionen Euro locker zahlen konnte. Für die Niedersachsen war das eine Rekord-Einnahme.

"Ich weiß nicht, ob Stoke City demnächst das halbe Team des BVB oder von Bayer Leverkusen aufkaufen wird", kommentierte Eintracht Frankfurts Vorstands-Vorsitzender Heribert Bruchhagen schon vor ein paar Wochen in der "Welt": "Fakt ist eins, und das tröstet ein wenig: mehr als 600 Spieler kann auch die Premier League nicht unter Vertrag nehmen."

Nüchterner analysierte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert. Es sei "nicht aus der Luft gegriffen, wenn man befürchtet, dass sich die mit Abstand reichste Liga der Welt in der Bundesliga bedienen könnte", sagte Seifert der "Süddeutschen Zeitung". "Der Wettbewerb auf dem Spielermarkt wird noch heftiger werden, als er schon ist."

Bereits vergangene Saison gaben die englischen Erstligisten nach Berechnungen der BBC umgerechnet 1,06 Milliarden Euro aus. Besonders spendabel war Manchester United. Dort konnte Trainer Louis van Gaal für geschätzte 150 Millionen Pfund (rund 190 Millionen Euro) einkaufen. Nach Angaben des "Mirror" darf der ehemalige Bayern-Coach auch dieses Jahr so viel ausgeben.

Besonders teuer sind englische Spieler, denn davon gibt es wenige mit gehobenem Premier-League-Niveau. Liverpools Raheem Sterling wird derzeit mit 50 Millionen Pfund (70,1 Millionen Euro) gehandelt, Arsenals Jack Wilshere und Tottenhams Harry Kane mit je 40 Millionen Pfund (56,1 Millionen Euro).

Der ehemalige englische Nationalspieler Rio Ferdinand lästerte bereits über seinen Twitteraccount: "Englische Spieler sind derzeit soooo überteuert, es ist ein Witz." Das ist übrigens jener Ferdinand, der 2002 für umgerechnet 46,7 Millionen Euro von Leeds United zu Manchester United wechsele. Das war damals Rekord in England.

(dpa)
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