Klopp gegen Mourinho Der Normale gegen den Besonderen

Düsseldorf/London · Jürgen Klopp kann mit Liverpool das Ende der Amtszeit seines Kollegen José Mourinho in Chelsea besiegeln.

Jürgen Klopp feiert ersten Sieg mit dem FC Liverpool
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Erster Sieg für Klopp mit dem FC Liverpool

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Der große Menschenkenner Jürgen Klopp hat seinen Kollegen genau studiert und eine wesentliche Feststellung getroffen. "Jose Mourinho", sagt der Trainer des FC Liverpool, "kann ein netter Kerl sein." Er weiß allerdings auch, wann das ziemlich ausgeschlossen ist. Deshalb sagt Klopp: "Er kann ein netter Kerl sein, wenn man nicht gerade Journalist oder Schiedsrichter ist." Denn die beiden Gruppen von Nebendarstellern im Fußballgeschäft gehören zu den natürlichen Feinden von Mourinho, dem Coach des FC Chelsea. Er pflegt dieses Feindbild.

Im Augenblick hat er mal wieder allen Grund dazu. Journalisten attackieren ihn wegen der erstaunlichen Negativserie, die das stolze Chelsea auf Platz 15 der englischen Premier League abstürzen ließ. Und selbstverständlich tragen daran die bösen Schiedsrichter eine gehörige Mitschuld.

Sich selbst hält Mourinho nach wie vor für ziemlich gut. "Ich bin der beste Trainer für diese Mannschaft", erklärt er sogar, "wenn sie das anders sehen, müssen sie mich feuern." Vielleicht tun "sie", die Bosse bei Chelsea, das bald. Schon die heutige Begegnung mit dem FC Liverpool mit dem deutschen Kollegen Klopp auf der Bank ist so etwas wie ein Endspiel für Mourinho. Eine Niederlage könnte den bekannt finanzstarken Klubbesitzer Roman Abramowitsch dazu veranlassen, erneut ein wenig Geld für das Fortkommen des FC Chelsea zu verbrennen.

Teuer würde ein vorzeitiger Abschied des Portugiesen auf jeden Fall. Sein Vertrag endet erst 2019, und er soll jährlich das schöne Sümmchen von 13,5 Millionen Euro überwiesen bekommen. Das macht ihn natürlich zusätzlich selbstbewusst.

Das ist eigentlich gar nicht nötig, denn der einstige Übersetzer von Chefcoach Bobby Robson bei Sporting Lissabon war immer von seinem großen Können überzeugt. Auch das trug ihn zu zwei Champions-League-Titeln und acht nationalen Meisterschaften - die bisher letzte war die mit Chelsea im vergangenen Sommer. Das hat die hohe Meinung, die er von sich selbst hat, noch verstärkt. Er sei ein "Besonderer" (a special one), hat er in einem schönen Satz über sich gesagt.

Das war die Vorlage für den nicht minder sprachbegabten Öffentlichkeitsarbeiter Klopp. Sicher nicht ganz zufällig bezeichnete sich der ehemalige Dortmunder Meistertrainer bei seiner Vorstellung in Liverpool Anfang des Monats als "the normal one", Fans, Berater und Marketingabteilung freuten sich gleichermaßen. Und Klopp hatte ein maßgeschneidertes Image. Auch darum geht es ja bei Figuren im öffentlichen Raum.

Mourinho und Klopp sind sich bewusst, dass sie im Theater des Profifußballs Rollen spielen. Mourinho nimmt dankbar die des Bösewichts an, Klopp passt mit seinem Zahnpasta-Werbelächeln ins Klischee des Guten.

Tatsächlich gibt es durchaus Ähnlichkeiten zwischen den beiden Hauptdarstellern an der Linie. Schiedsrichter gehören ebenfalls nicht zu Klopps besten Freunden. Seine mit leidenschaftlicher Gestik und dramatischen Tänzen untermalten Kommentare zu den Entscheidungen von Unparteiischen gehören seit Jahren zum Unterhaltungsprogramm in den Stadien. Und Gespräche mit Journalisten erfreuen den deutschen Trainer nur so lange, wie sie ihm die Stichworte zu galanten Vorträgen liefern. In kritischen Situationen benutzt Klopp lästige Fragesteller sehr gern als Blitzableiter für die eigenen Launen. Das ist dann nur noch für bestimmte Gruppen unterhaltsam, unter denen die seiner begeisterten Anhänger die größte ist.

Bei den Spielern wiederum ist Mourinho auf fast allen seinen Stationen ebenso beliebt, wie es Klopp in Mainz und Dortmund war. Unvergessen ist bis heute, wie Marco Materazzi seinem Coach beim Abschied von Inter Mailand schluchzend um den Hals fiel. Tränen gab es im Zusammenhang mit Materazzi allenfalls bei dessen Gegnern. Denn Begegnungen mit dem italienischen Eisenfuß taten einfach weh.

(pet)
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