AFC Wimbledon jetzt schon Drittligist "Fan-Klub" feiert sechsten Aufstieg in 14 Jahren

London/Köln · Der AFC Wimbledon hat den Aufstieg in die 3. Liga englische Liga geschafft. 2002 war der Klub von Fans neu gegründet worden und hatte in der neunten Liga angefangen.

AFC Wimbledon steigt zum sechsten Mal auf
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Foto: ap

Auf den ersten Blick sind sie vom Sensationsmeister Leicester City kaum zu unterscheiden. Das Team trägt blaue Trikots, reckt einen silbernen Pokal in die Höhe und feiert eine märchenhafte Fußball-Geschichte. Die Spieler aus Leicester aber haben sich längst in den Urlaub oder zur EM-Vorbereitung verabschiedet. Die Mannschaft, die diesmal feiert, ist der Viertligist AFC Wimbledon. Sie haben den Aufstieg in die 3. englische Liga geschafft.

Das Besondere am AFC: Der Verein hatte sich erst 2002 von Fans neu gegründet und war in der neunten Liga, der Combined Counties League, eingestiegen. Am Montag bezwang die Mannschaft aus dem Südwesten Londons im Play-off-Finale der League Two Plymouth Argyle mit 2:0 (0:0) und machte vor 57.956 Fans im Wembley-Stadion den sechsten Aufstieg in 14 Jahren perfekt. In der Hauptrunde hatten die Wombleys als Siebter nur knapp das Ticket für die Aufstiegs-Play-offs-gelöst.

Der traditionsreiche, aber insolvente Vorgänger, FC Wimbledon, war 2002 ins 90 Kilometer entfernte Milton Keynes umgezogen, und hatte sich wenig später in Milton Keynes Dons umbenannt. Also gründeten die Fans einen neuen im Stadtteil beheimateten Verein und casteten im Probetraining aus 500 Fußballern 20 Spieler.

Bereits zum ersten Freundschaftsspiel im Juli 2002 strömten mehr als 4500 Zuschauer. Der erste Präsident wurde Fan Kris Stewart: "Erst war es eine Schnapsidee. Dann wollten wir uns das Spiel zurückholen."

Bereits in der ersten Spielzeit erreichte der AFC den dritten Platz, in der darauffolgenden Saison holte man ohne eine einzige Niederlage den Meistertitel. Der lange Marsch durch die Ligen begann - am Montag fand er durch den Aufstieg in die Football League One vorerst seinen Höhepunkt.

Der AFC ist nicht der einzige Verein, der von Fans gegründet wurde. Wimbledon diente auch anderen Klubs in Europa als Vorbild. Mit der Unterstützung von Kris Stewart wurde 2005 der FC United of Manchester von ManUnited-Fans aus der Taufe gehoben, die sich gegen die Übernahme des Klubs durch US-Investor Malcom Glazer richteten.

In Österreich wandten sich die Fans nach der Übernahme durch den Energy-Drink-Konzerns Red Bull ab, gründeten Austria Salzburg neu und drangen zwischenzeitlich bis in die 2. Liga vor. Inzwischen musste allerdings ein Insolvenzverfahren eröffnet werden. Auch in Deutschland gibt es mittlerweile einen Fan-Verein. Wegen der von Dietmar Beiersdorfer initiierten Ausgliederung der Profiabteilung des Hamburger SV spaltete sich der HFC Falke ab und startete in der Kreisklasse 5 neu.

Wimbledon stellt, in Zeiten immer anonymerer und gigantischerer Superklubs, ein Gegengewicht dar. Viele Fans sehnen sich nach Mitbestimmung, Authentizität und Nähe. Die überbezahlten Stars werden dem Normalverdiener immer fremder, und der Zuschauer will nicht mehr Kunde, der Verein soll kein Produkt mehr sein, das vermarktet wird. Die teuren Tickets halten die Fans zunehmend von den Profiligen ab, und ziehen sie in die Stadion, in denen die Stadionwurst noch zwei Euro kostet.

Und die unteren Ligen bekommen mediale Unterstützung: Die Landespokalfinals des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), dem sogenannten "Finaltag der Amateure" verfolgten am vergangenen Samstag bis zu 1,37 Millionen Fernsehzuschauer. Ganz so viele werden es bei den Spielen in der League One bei Wimbledon nicht sein, brisant werden sie aber mit Sicherheit: Erzrivale Milton Keynes Dons spielt ab der kommenden Saison auch wieder in der 3. Liga. Das Team stieg in der abgelaufenen Saison aus der Championship ab.

(sid)
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