Abschied wegen "politischer Situation" Besiktas-Fans sind sauer auf Gomez

Düsseldorf · Mario Gomez kehrt wegen der politischen Lage nicht in die Türkei zurück. Auf seiner Facebook-Seite diskutieren die Fans. Viele Kommentare zeigen Verständnis, doch vor allem türkische Fans halten die Begründung nur für vorgeschoben.

 Mario Gomez verlässt Besiktas Istanbul.

Mario Gomez verlässt Besiktas Istanbul.

Foto: dpa, tb sam nic nic

"Es war eine schwierige Entscheidung, die mich sehr beschäftigt hat", schrieb Gomez in einer Erklärung auf Facebook über seinen Abschied vom türkischen Meister Besiktas Istanbul. "Der Grund dafür ist ausschließlich die politische Situation! Weder sportliche noch andere Gründe haben mich dazu bewegt. Einzig und allein die schrecklichen Geschehnisse der letzten Tage", erklärte der 31-Jährige und warb um Verständnis bei Fans und Verein. Teilweise vergeblich.

Denn viele Besiktas-Fans halten Gomez' Begründung für eine Ausrede. "Er wollte sowieso gehen. Jetzt hat er einen Grund gefunden.Er hat den Wechsel zu Besiktas nur als Notnagel gesehen, um seine Form zu finden und um für die EM nominiert zu werden. Nicht mehr und weniger", heißt es in einem von über 4000 Kommentaren (Stand Donnerstagmittag). "Es wäre ein Zeichen an die ganze Welt gewesen wenn du geblieben wärst. Aber du hast sofort die erste Ausfahrt genommen. Schade", schreibt ein anderer.

Gomez war im vergangenen Sommer auf Leihbasis mit Kaufoption vom AC Florenz zum türkischen Spitzenklub gewechselt und hatte eine überaus erfolgreiche Saison gespielt. Mit 26 Ligatreffern wurde der Deutsche zum Garanten für die erste Meisterschaft der "Adler" seit 2009. Zuletzt hatte er, auch schon vor dem Putschversuch, seine Zukunft offengelassen.

"Du warst der König vom Bosporus"

Die Fans werfen Gomez vor, undankbar zu sein. Schließlich sei er erst bei Besiktas wieder richtig aufgeblüht und habe nur so den Weg zurück in die Nationalmannschaft gefunden. In der Tat hatte sich der Stürmer vor dem Wechsel an den Bospurus im Karriere-Tief befunden. "Wir haben einen angeschlagenen Mario Gomez mit offenen Armen begrüßt... Du hingegen hast genau diese Mannschaft, die aus politischen Gründen angeschlagen wirkt, nun im Stich gelassen!", schreibt ein Anhänger von Besiktas. "Du warst der König der Bosphorus aber jetzt leider alles ist vorbei. Ich hoffe du vergisst niemals, dass dieser Verein dich wieder zu dem Topstürmer gemacht hat, der du mal warst!!!", meint ein anderer. Auch beleidigende Kommentare waren zu lesen, sind teilweise aber schon gelöscht worden.

Viele Facebook-User, deutsche aber auch türkische, zeigen dagegen Verständnis oder begrüßen die Entscheidung sogar ausdrücklich. "Danke für diese ehrlichen Worte, Mario. Weiterhin alles Gute für dich. An alle BJK Fans die ihn hier jetzt haten: Lasst es sein. Es wird uns allen nicht schmecken,aber verständlich ist es nun mal", schreibt ein User namens Gökhan und erntet dafür hunderte von "Likes".

Gomez steht mit seinen Wechselabsichten nicht alleine da. Immer mehr Fußballprofis denken spätestens nach dem Putschversuch über einen Abschied vom Bosporus nach. Auch der frühere Bayern-Spieler José Ernesto Sosa will nicht zum Meister der Süper Lig zurückkehren. "Meine Ehefrau hat Angst, in Istanbul zu leben. Ich habe auch Angst um meine Töchter. Meine Priorität ist meine Familie", sagte der Argentinier.

Ob weitere Stars, wie etwa der bei Galatasaray Istanbul unter Vertrag stehende Lukas Podolski, der Türkei den Rücken kehren werden, ist offen. Dass die Sorgen immer größer werden, wurde in den vergangenen Tagen jedoch deutlich. Die Nacht des Putschversuchs am Freitag sei "dramatisch" gewesen, sagte Jürgen Röber, der als Sportdirektor bei Osmanlispor arbeitet, dem "kicker": "Über meinem Hotel flogen ständig Kampfjets, es gab kaum Nachrichten, niemand wusste, was passiert da jetzt."

Sinneswandel bei Kruse?

"Wir haben vor allem mit den ausländischen Spielern gesprochen, um sie zu beruhigen. Jetzt trainieren wir wieder ganz normal", sagte Röber, früherer Trainer von Hertha BSC und Borussia Dortmund. Doch ganz unberührt blieb auch sein Klub nicht. Ein norwegisches Schiedsrichtergespann wollte nicht zum Rückspiel der Qualifikation zur Europa League gegen Zimbru Chisinau/Moldau anreisen. Deswegen mussten Referees aus Slowenien übernehmen.

Stürmer Max Kruse hatte in der Vorwoche einen Wechsel vom VfL Wolfsburg zu Galatasaray Istanbul aufgrund der angespannten politischen Situation noch ausgeschlossen. Wie die "Bild" berichtet, habe sich die Lage um den Nationalspieler nach einem Sinneswandel mittlerweile aber wieder geändert. Kruse soll auf ein Angebot warten, es wird über eine Ablösesumme von neun Millionen Euro spekuliert.

(areh/sid)
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