DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock — ein nicht ganz freiwilliger Rücktritt

Düsseldorf · Es gehört zu den Gepflogenheiten auf höherer Funktionärsebene, gerade bei einem Rücktritt nicht immer die Wahrheit zu sagen. Im Falle von Helmut Sandrock ist die Rede davon, der Generalsekretär des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sei "auf eigenen Wunsch" mit sofortiger Wirkung von seinem Amt zurückgetreten.

 Helmut Sandrock legt sein Amt nieder.

Helmut Sandrock legt sein Amt nieder.

Foto: dpa, lof hak

Sandrock habe seinen Entschluss der amtierenden DFB-Führungsspitze mit den beiden 1. Vizepräsidenten Rainer Koch und Reinhard Rauball sowie Schatzmeister Reinhard Grindel mitgeteilt — und die hätten dem mit dem ausdrücklichen Dank für seine Arbeit auch entsprochen.

Nach Informationen unserer Redaktion war der Rückzug von Sandrock dann doch nicht ganz so freiwillig. Bereits seit Wochen wird innerhalb des DFB über eine Neuausrichtung diskutiert. Obwohl man Sandrock bislang noch keine konkreten Vorwürfe machen konnte, steht er aufgrund seiner engen Verbindung zu Ex-Präsident Wolfgang Niersbach nicht gerade für Transparenz. Es ist unklar, wann und in welchem Ausmaß Sandrock persönlich über Unregelmäßigkeiten rund um die Weltmeisterschaft informiert gewesen ist — und darüber geschwiegen hat. Am kommenden Freitag stellt in Frankfurt am Main die Kanzlei Freshfields ihren Abschlussbericht zu den internen Ermittlungen vor. Ob darin auch Sandrock belastet wird, ist eine der vielen noch offenen Fragen.

Überraschender Zeitpunkt

Sandrocks Rückzug hat innerhalb des DFB nicht für Überraschung gesorgt, der Zeitpunkt schon. Er soll zunächst nichts davon gehalten haben, persönliche Konsequenzen zu ziehen. Eigentlich hätte der gebürtige Duisburger zur Delegation gehört, die den DFB beim außerordentlichen Kongress der Fifa repräsentiert hätte. Doch aus gesundheitlichen Gründen musste er absagen. Was zunächst nach einer Ausrede klang, ist laut langjährigen Weggefährten von ihm tatsächlich eine ernsthafte Erkrankung. Sandrock soll, heißt es, wiederholt mit Durchblutungsstörungen Probleme gehabt haben.

In der DFB-Spitze will man sich zeitnah auf einen Nachfolger verständigen, der beim Bundestag im April gewählt werden soll. Der designierte Verbandspräsident Grindel sucht demnach einen Kandidaten mit guten internationalen Kontakten — möglichst aus den eigenen Reihen. Ein Quereinsteiger wie in anderen Sportarten ist derzeit nicht vermittelbar.

Nach Informationen unserer Redaktion gibt es zwei Top-Kandidaten. Einer davon ist Mediendirektor Ralf Köttker. Ihn halten einige Präsidiumsmitglieder für qualifiziert, in der Frankfurter Zentrale für Ruhe zu sorgen. Ihm fehlt es allerdings an übermäßigen Kontakten im Ausland. Die bringt dafür der zweite Aspirant, Friedrich Curtius, mit. Er arbeitete zuletzt als Präsidialbüroleiter für Wolfgang Niersbach. Beim DFB hält man seine Nähe zum gefallenen Ex-Präsidenten für kein Problem. Curtius, der Grindel bereits in Zürich begleitet hat, habe keinerlei Einblicke in die Vorgänge bei der WM-Affäre gehabt. Ob dieser Hinweis ausreicht, um einen glaubwürdigen Neuanfang zu ermöglichen, ist wohl eine exklusive Sicht beim DFB.

(gic)
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