Fan-Boykott Zwist zwischen Kind und Ultras belastet "96" im Abstiegskampf

Plakate und Pfiffe gegen Klubboss Martin Kind, schlechte Stimmung auf den Rängen und zu wenig Punkte auf dem Konto: Der Dauerzoff zwischen der Vereinsführung von Hannover 96 und Teilen der Fans sorgt ausgerechnet im Abstiegskampf weiter für Wirbel.

 Martin Kind liegt noch immer im Clinch mit den Ultras.

Martin Kind liegt noch immer im Clinch mit den Ultras.

Foto: dpa, nt nic

Die Gräben zwischen Kind und den Ultras sind tief. Selbst im Kampf um die sportliche Existenz in der Fußball-Bundesliga scheint der Schulterschluss unmöglich. Fan-Forderungen wie "Kind muss weg, sofort" gehören in Hannover fast schon zur Tagesordnung.

Der Verein versucht den Bruch zu kitten - und macht es manchmal nur noch schlimmer. Für das Schlüsselspiel im Kampf um den Klassenerhalt gegen Hertha BSC am Freitagabend wurde etwa das Motto "Gemeinsam Schwarz-Weiß-Grün" ausgerufen, um zusammen das Abstiegsgespenst zu vertreiben. Doch es dauerte nicht lange, bis die ersten Anhänger gegen die Kampagne wetterten und einen kommerziellen Hintergrund vermuteten. "Ich trage lieber mein rotes Trikot, meinen roten Schal, meine rote Mütze", ist der Tenor in Fanforen der "Roten". Einige Anhänger sehen hinter der neuen Kampagne bloß einen Kaufbefehl von neuen Fanshirts.

Der Zwist zwischen Kind und den 96-Fans ist nicht neu. Der harte Kern der Anhänger will "Kult und Tradition", Kind die Niedersachsen als "Marke" positionieren. Der Streit eskalierte in der Vorsaison, nachdem Kind nach Ausschreitungen der eigenen Fans und zahlreichen Pyro-Verstößen eine harte Linie fährt und der Verein eine organisierte Bus-Anreise zum Derby bei Eintracht Braunschweig verordnete. Seit dieser Spielzeit boykottieren deshalb die meisten Ultras die Heimspiele der "Roten" und besuchen lieber die Spiele der zweiten Mannschaft in der Regionalliga Nord. Darunter leidet die Stimmung merklich.

Die Anfeuerungen im Stadion gleichen seither eher einem besinnlichen Adventssingen. "Stimmungsschlusslicht der Liga", urteilte deshalb schon die lokale Neue Presse. Auch der Mannschaft entgeht der fehlende Lärmpegel natürlich nicht. "Wir brauchen unsere Fans", sagt Publikums-Liebling Didier Ya Konan und hofft im Abstiegskampf wieder auf mehr Unterstützung. Und Sportdirektor Dirk Dufner meint: "Es ist nicht leistungsfördernd für die Mannschaft."

Mit einem offenen Brief hatte sich der Verein schon Anfang März an seine Fans gewandt. "Wir haben verstanden. So geht es nicht weiter", hieß es dort. Der Appell richtete sich weniger an die Ultras, vielmehr an neue Fans. Und genau deshalb scheiterte der Versuch ungehört. "Es war eine gute Idee, aber schlecht gemacht. Es fand wieder eine Ausgrenzung statt. Man hat versucht, die einen für sich zu bekommen und gleichzeitig signalisiert, wen man nicht braucht und nicht will", sagte der renommierte Fan-Forscher Gunter Pilz dem NDR.

Kind hat die Hoffnung ein eine Einigung im Guten trotzdem noch nicht aufgegeben - der 70 Jahre alte Unternehmer will erneut auf die Fans zugehen. "Wir haben mit allen Fangruppen den Dialog begonnen", sagte Kind, der dem Klub mit einer kurzen Unterbrechung seit 1997 vorsteht: "Wir haben deutlich unsere Dialogbereitschaft signalisiert - ergebnisoffen. Das heißt, es kann alles angesprochen werden und wir können für alle Fragen auch Antworten finden." Am besten schnell.

(sid)
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