Stühlerücken beim Traditionsklub Der Hamburger SV schafft sich selbst ab

Meinung · Der Hamburger SV hat auf die sportlich prekäre Lage reagiert und Vorstandsboss Heribert Bruchhagen sowie Sportchef Jens Todt beurlaubt. Hinter dem Absturz des Bundesliga-Dinos steckt aber nicht das Scheitern von zwei Personen.

HSV-Präsident Bernd Hoffmann nimmt auf einer PK Stellung zum Aus von Heribert Bruchhagen und Jens Todt.

HSV-Präsident Bernd Hoffmann nimmt auf einer PK Stellung zum Aus von Heribert Bruchhagen und Jens Todt.

Foto: dpa, kno

Es ist durchaus möglich, dass sich der Hamburger Sportverein auch dieses Mal wieder am Abstieg noch irgendwie vorbei duselt. Mit diesem Szenario muss man sich einfach auseinandersetzen. Mickrige sieben Punkte trennen den HSV nur von einem Relegationsplatz. Das Schlimmste steht also auch in dieser Saison zu befürchten. Klassenerhalt. Irgendwie.

Dabei gibt es wohl selbst unter hartgesottenen Anhängern der sogenannten Rothosen nur noch wenige, die es als sinnvoll ansehen, den Bundesliga-Dino weiter im Oberhaus zu quälen. Bis dahin macht der HSV mal wieder typische HSV-Sachen. Leute rausschmeißen. Sich neu aufstellen. Visionen entwickeln. Die Realität verdrängen.

Wäre es nicht der HSV, so könnte man natürlich zur Erkenntnis kommen, dass das aktuelle Stühlerücken durchaus zu einem nicht ganz so desaströsen Zeitpunkt kommt. Der Vorstandsvorsitzende Heribert Bruchhagen ist kurz vor seiner Rente einfach noch mal falsch abgebogen und hat sich nach Eintracht Frankfurt in branchenüblicher Selbstüberschätzung den HSV angetan. Bruchhagen wäre so oder so kein Gesicht für den abermaligen Versuch eines Neuaufbaus bei den Norddeutschen gewesen.

Jens Todt, der bislang als Direktor Profifußball firmierte, ist auch nicht so ganz glücklich geworden. Sich von beiden Führungskräften zu trennen — es bietet jedenfalls die Möglichkeit, mit ausreichend Zeit in die Planungen für welche Zukunft auch immer einzusteigen.

Doch hinter dem Absturz des HSV steckt nicht das Scheitern von zwei Personen. Das System HSV krankt schon seit vielen, vielen Jahren. Dazu zählt auch Bernd Hoffmann, der erst kürzlich zum Präsidenten des Vereins gewählt worden ist. Ausgerechnet Hoffmann, von 2002 bis 2011 selbst Vorstandsvorsitzender, will für frischen Wind sorgen. Ein spannendes Projekt, wenn man die Fenster zu lässt.

Hoffmann gehört zu einer Reihe von Funktionären, Selbstdarstellern und Investoren in einem Paralleluniversum, die Hamburg dahingeführt haben, wo der Klub jetzt zurecht steht: (fast) ganz unten. Man kann die Namen austauschen, man kann neue Hoffnungsträger präsentieren, solange sich aber das Selbstverständnis und die Organisationsstruktur nicht grundlegend ändert, wird es keine Basis für erfolgreichen Profifußball beim HSV geben.

(gic)
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