Verhandlungen mit Gisdol HSV feuert seinen Retter Labbadia am Telefon

Hamburg · Die Uhr von Trainer Bruno Labbadia beim Hamburger SV ist abgelaufen. Am Sonntag wurde der erfolglose Coach vom HSV entlassen – zum zweiten Mal. Mit seinem potenziellen Nachfolger laufen schon Gespräche.

Twitter-Reaktionen auf Labbadias Entlassung
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Foto: rtr, MDA/JG

Die Uhr von Trainer Bruno Labbadia beim Hamburger SV ist abgelaufen. Am Sonntag wurde der erfolglose Coach vom HSV entlassen — zum zweiten Mal. Mit seinem potenziellen Nachfolger laufen schon Gespräche.

Labbadia brauchte am Sonntag nicht einmal mehr auf das Vereinsgelände des Hamburger SV zu fahren. Am Telefon wurde dem einst als Retter gefeierten Cheftrainer seine Entlassung mitgeteilt — als er um kurz nach 10 Uhr auflegte, war das unwürdige Verwirrspiel der vergangenen Tage, durch das Labbadias Abschied von der Elbe längst keine Überraschung mehr war, endlich beendet.

"Ich habe ihn zum Gespräch gebeten. Er sagte, dass er das lieber am Telefon machen möchte", sagte Klub-Chef Dietmar Beiersdorfer, für den die Trennung "aus sportlich-inhaltlichen Gründen" unausweichlich war. Der schwer angeschlagene Bundesligist reagierte auf den desolaten Fehlstart in die Saison — das 0:1 am Samstag gegen Rekordmeister Bayern München war die vierte Niederlage in Folge.

Favorit auf die Nachfolge ist Markus Gisdol (47). Mit dem früheren Trainer des Ligakonkurrenten 1899 Hoffenheim habe Beiersdorfer bereits "Gespräche" geführt. Der neue Coach solle "kurzfristig" vorgestellt werden. "Ich bin hundertprozentig von der Mannschaft überzeugt", sagte Beiersdorfer: "In der bestehenden Konstellation wäre die Trendwende nicht möglich gewesen."

Labbadia verabschiedet sich auf Facebook

Labbadia äußerte sich versöhnlich und übernahm die Verantwortung für die sportliche Talfahrt. "Es ist schade, dass wir jetzt zu Beginn der Saison nicht die nötigen Ergebnisse erzielen konnten", teilte der Coach auf der Facebook-Seite des HSV mit und sprach von einer "wahnsinnig intensiven" Zeit: "Es hat mir sehr viel bedeutet, Trainer des HSV sein zu können. Ich habe mich jeden Tag mit dieser Aufgabe identifiziert."

Dennoch wurde der Trainer bereits vor dem Bayern-Spiel öffentlich angezählt. Beiersdorfer vermied schon in der vergangenen Woche klare Aussagen zum Trainer. "Es wird nie einen optimalen Zeitpunkt für eine Entlassung geben", sagte der Vorstandsvorsitzende, der Labbadia dankte: "Es bleibt unvergesslich, was er in einer sehr herausfordernden und schwierigen Zeit erreicht hat."

Exakt 529 Tage lenkte Labbadia die Geschicke beim Bundesliga-Dino und erlebte in dieser Zeit die komplette Gefühlspalette des Geschäfts. Er wurde innerhalb von fast 18 Monaten vom gefeierten Relegations-Retter zum Sündenbock. "Mit unserer bisherigen Punkteausbeute liegen wir weit hinter unseren Ansprüchen zurück", sagte Beiersdorfer: "Das ist unbefriedigend und unzureichend. Wir alle stehen in der Pflicht, das sehr schnell zu verändern."

Ob Gisdol, der im Oktober 2015 seinen Job in Hoffenheim verlor, dafür der Richtige ist, wird sich zeigen. In den vergangenen zwölf Jahren mussten an der Elbe 14 (!) Trainer vorzeitig gehen. Labbadia war zwischen Juli 2009 und April 2010 schon einmal HSV-Coach, auch damals war der Ex-Nationalspieler nicht erfolgreich genug.

Pulverfass HSV

Bezeichnend war, dass Beiersdorfer am Sonntagmittag erneut klarstellen musste, dass Investor Klaus-Michael Kühne "sich nicht anmaßen würde, Einfluss auf die entscheidenden Gremien des HSV zu nehmen". Dass der Geldgeber die Labbadia-Entlassung beeinflusst habe, sei "eine unsinnige Behauptung".

Dennoch bleibt der HSV ein Pulverfass. Investitionen von rund 33 Millionen Euro hatten auch Kühne zu öffentlichen Europacup-Träumereien animiert. Anspruch und Wirklichkeit klaffen in Hamburg weit auseinander.

"Ich habe nie von Europa oder der Champions League gesprochen", versicherte Beiersdorfer: "Aber wir wollen uns verbessern." Labbadia wurde dieser Schritt nicht mehr zugetraut. Der Nächste, bitte!

(sid)
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