Bundestrainerin Neid im Kreuzfeuer der Kritik — und mit Jobgarantie bis Olympia

Frankfurt/Main · Nach der Halbfinal-Pleite bei der WM rumort es heftig im deutschen Frauen-Fußball. Führende Bundesligatrainer kritisieren taktische Mängel. Der DFB und die Spielerinnen weisen dies entrüstet zurück. Silvia Neid soll wie geplant bis 2016 im Amt bleiben.

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Silvia Neid muss ungeachtet des WM-Scheiterns der deutschen Fußball-Frauen und der teils heftigen Kritik aus der Bundesliga nicht um ihren Job als Bundestrainerin bangen. Einen Tag vor dem Spiel um Platz drei gegen England sprach DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock ein Machtwort in der zunehmend hitzigen Debatte. "Silvia Neid hat das Gesicht unserer Frauen-Nationalmannschaft entscheidend geprägt und großartige Erfolge gefeiert. Daher genießt sie auch weiterhin unser totales Vertrauen", sagte Sandrock in einem am Freitag auf der Verbands-Homepage veröffentlichten Interview.

Dennoch ist fraglich, ob Neid ihren letzten WM-Auftritt an diesem Samstag (22.00 Uhr/MESZ) in Edmonton richtig genießen kann. Die 51-Jährige, die ihren Posten nach den Olympischen Spielen 2016 in Rio an Steffi Jones abgibt, ist nach dem verpassten Titel durch das 0:2 im Halbfinale gegen die USA ins Kreuzfeuer der Kritik geraten.

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Foto: afp, FF/dec

"Wir haben jetzt zweimal hintereinander das Ziel nicht erreicht. Es muss ein Umbruch eingeleitet werden, gerade mit Blick auf Olympia im nächsten Jahr", forderte Turbine Potsdams Trainer-Urgestein Bernd Schröder. Wie seine Kollegen Ralf Kellermann vom DFB-Pokalsieger VfL Wolfsburg und Colin Bell vom Champions-League-Sieger 1. FFC Frankfurt bemängelte er fehlende Flexibilität im Taktikbereich. "Wir sind zu ausrechenbar", kritisierte Schröder, "nach dem Rückstand gegen die USA hatten wir keinen Plan B".

Der DFB reagierte prompt und stärkte Neid demonstrativ den Rücken. "Ich bin schon sehr verwundert darüber, wie sich jetzt der eine oder andere Trainer aus der Bundesliga in der Öffentlichkeit gegenüber der Bundestrainerin und der Mannschaft geäußert hat", wies Generalsekretär Sandrock die Kritik zurück.

Zuvor hatte bereits Spielführerin Nadine Angerer, die gegen England ihr 146. und letztes Länderspiel bestreiten wird, gepoltert: "Das macht mich richtig sauer. Weil es immer leicht ist, Sachen von außen zu beurteilen. Wenn man keine Ahnung hat, muss man erstmal die Hintergründe kennen. Ich bin enttäuscht, dass nach einer Niederlage alles infrage gestellt wird."

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Foto: dpa, crj

Die heftige Abwehrreaktion brachte wiederum Schröder in Rage. Der 72-Jährige ärgerte sich besonders über die fehlende Selbstkritik der Beteiligten. "Die U-21 der Männer hat nach ihrem EM-Ausscheiden klar Position bezogen. Warum kriegen das die Frauen nicht hin?", sagte der Turbine-Coach. Er erwartet folgendes Szenario: "Sollten wir gegen England Rang drei holen, wird die Selbstbeweihräucherung weiter gehen. Dann wird gesagt: Platz drei ist doch gar nicht so schlecht."

Frankfurts Manager Siegfried Dietrich fordert unabhängig vom Ausgang der England-Partie eine grundsätzliche Analyse. Neid habe früher immer gefordert, "dass in den Vereinen professioneller gearbeitet und trainiert werden muss." Nun müsse sich auch die DFB-Auswahl dieser Diskussion stellen. "Die Nationalmannschaft soll weiter Vorreiter im internationalen Frauenfußball sein, deshalb gilt es konstruktiv über die zukünftige Entwicklung zu sprechen", sagte Dietrich der Deutschen Presse-Agentur und stellte fest: "Keiner hat die Bundestrainerin persönlich angegriffen. Mit einer solchen Kritik muss man umgehen."

(dpa)
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