Fortuna Düsseldorf "Wir müssen den Verein vereinen"

Düsseldorf · Fortunas Vorstandsvorsitzender (47) über verloren gegangenes Vertrauen, sein Verhältnis zu Finanzvorstand Paul Jäger und die Unterschiede zwischen der Führung eines Unternehmens und eines Vereins.

Fortunas Vorstandsvorsitzender Dirk Kall appelliert an die Geschlossenheit im Verein.

Fortunas Vorstandsvorsitzender Dirk Kall appelliert an die Geschlossenheit im Verein.

Foto: andreas bretz

Sind Sie froh, dass Sie endlich einen Haken hinter die verkorkste Saison machen können?

Dirk Kall Ja, in der Tat. Ab jetzt schauen wir nur noch nach vorne. Es war keine gute Saison, sie hat den Verein ganz sicher nicht vorangebracht.

Damit sprechen Sie sicher nicht nur die enttäuschende sportliche Bilanz an, oder?

Kall Nein, es geht auch um die Art, wie wir als Verein teilweise agiert haben. Wir müssen verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen, den Funken wieder überspringen lassen. Die Stimmung muss insgesamt besser werden bei uns - aber das geht vor allem über erfolgreichen Fußball.

Wenn wir dennoch erst einmal auf der außersportlichen Ebene bleiben: Es ist viel Unruhe im Verein entstanden, nicht nur um die Freistellung von Sportvorstand Helmut Schulte. Wie wollen Sie das wieder in den Griff bekommen?

Kall Wir müssen den Verein wieder vereinen. Mein Fehler war zum Beispiel, dass ich auf einige Leute nicht genug zugegangen bin. Wir müssen intern wie extern die Menschen besser mitnehmen und transparenter sein.

Sprechen Sie damit Ihre Kritiker an?

Kall Ja, auch diese. Es liegt auch an mir, auf meine Kritiker zuzugehen. Ich habe in vielen Gesprächen in den vergangenen Wochen festgestellt, dass die Menschen Verständnis für Entscheidungen aufbringen, wenn man diese erklärt. Das heißt natürlich nicht, dass sie dann auch jeder Entscheidung zustimmen - das muss ja auch nicht sein.

Klingt so, als sei bis jetzt nicht genug gesprochen worden bei Fortuna.

Kall Gesprochen wurde schon. Aber wir müssen selbstkritisch zugeben, dass zu wenig Transparenz geherrscht hat. Wenn dann durch dieses Manko der Eindruck entsteht, dass der Verein seine Wurzeln und seine Identität verliert, dass wir die Menschen nicht mitnehmen, dann müssen wir das ändern.

Haben Sie angesichts der öffentlichen Kritik, die auch auf Sie einprasselte, daran gedacht, die Brocken hinzuwerfen?

Kall Nein. Wir als Verein sind in einer schwierigen Situation, die wir nur gemeinsam mit Geschlossenheit als Verein meistern können. Natürlich habe auch ich Fehler gemacht.

Was Ihr Verhältnis mit Finanzvorstand Paul Jäger anbelangt, hat der Aufsichtsrat weniger Kampf als vielmehr gute Zusammenarbeit angemahnt. Wie stehen die Chancen dafür?

Kall Paul und ich verstehen uns sehr gut. Vor allem wissen wir, dass wir beide es nur gemeinsam schaffen können, das Schiff Fortuna wieder auf guten Kurs zu bringen. Aber seien Sie sicher, Paul Jäger und ich werden in diesem Prozess geschlossen vorangehen.

Friede, Freude, Eierkuchen?

Kall Nein, man muss nicht immer einer Meinung sein in einem Vorstand. Das sind auch Paul und ich nicht. Wichtig ist, dass man konstruktiv zusammenarbeitet, um die richtigen Lösungen für den Verein zu finden, und das tun wir.

Wie geht es in der Vereinsführung weiter?

Kall Die einzige Chance, die Fortuna hat, ist die Unruhe wegzubekommen. Im Verein müssen alle wieder zusammenstehen, auch wenn es nicht so läuft. Das hat uns jahrelang ausgezeichnet. Wir appellieren an die Geschlossenheit im Verein.

Haben Sie in Ihrem ersten Jahr als hauptamtlicher Vorsitzender die Erfahrung gemacht, dass ein Verein doch ein wenig anders funktioniert als ein Unternehmen?

Kall Zum Glück ist das so! Der Faktor Emotion spielt eine ganz entscheidende Rolle. Die Menschen lieben Fortuna, sie leben Fortuna. Darauf muss man ganz explizit Acht geben.

Die Frage nach dem künftigen Sportdirektor ersparen wir Ihnen nicht.

Kall Natürlich nicht. Aber da kann ich Ihnen nur sagen, dass wir in guten Gesprächen mit einigen Kandidaten sind und zeitnah eine Entscheidung treffen werden.

BERND JOLITZ FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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