Friedhelm Funkel "Wollen die Mannschaft verjüngen und den Kader verkleinern"

Düsseldorf · Der Düsseldorfer Trainer Friedhelm Funkel (62) über abkippende Sechser, Fortunas Zukunft, Trennung von Spielern und Kleidungsfragen.

Gut gelaunt und sportlich gekleidet, so wie man ihn kennt, ist Friedhelm Funkel zum Redaktionsgespräch in das Konferenzzentrum der Rheinischen Post nach Heerdt gekommen. Erst am vergangenen Sonntag hat er als Trainer Fortuna Düsseldorf zum Klassenerhalt in der Zweiten Bundesliga geführt.

Kurz nach dem Klassenerhalt haben Sie Ihren Vertrag verlängert. Hat das Gespräch darüber, wie bei Ihrer Einstellung, wieder nur fünf Minuten gedauert?

FUNKEL Höchstens. Ich bin keiner, der feilscht, wenn man sich vertraut. Dann braucht man keine langen Gespräche und keinen Berater.

Warum dann nur für ein Jahr?

FUNKEL Weil ich seit 2004 immer nur Ein-Jahres-Verträge mache. Das ist fairer, für mich und für den Verein, der sonst im Falle des Misserfolgs hohe Abfindungen zahlen müsste.

Hätten Sie nicht gern Sicherheit über einen längeren Zeitraum?

FUNKEL Nein, das brauche ich nicht mehr. Ich habe Sicherheit genug, ich lebe nicht auf großem Fuß. Ich habe aber vor, länger zu bleiben.

Sie sind jetzt 62. Ist Fortuna Ihre letzte Trainerstation?

FUNKEL Man soll zwar nie "nie" sagen, aber ich glaube, ja. Ich glaube, dass Fortuna der letzte Verein ist, den ich trainieren werde.

Sie haben stets betont, dass Fortuna Ihnen als Kind der Region schon immer sympathisch war. Galt das auch im Winter, als sich der Klub für Marco Kurz statt für Sie als Trainer entschied?

FUNKEL Absolut. Man muss als Trainer einfach damit leben, dass man nicht immer der einzige Kandidat ist. Da gibt es überhaupt keinen Groll, da ist nichts zurückgeblieben.

Empfinden Sie Genugtuung, dass Sie als Vertreter einer erfahrenen Trainergeneration jetzt wieder mehr Wertschätzung erfahren? Dass Konzept- und Laptop-Trainer doch nicht immer richtig liegen?

FUNKEL Wissen Sie, über so etwas kann ich nur schmunzeln. Laptop-Trainer, so ein Begriff ist völliger Blödsinn, völliger Quatsch. Jeder Trainer hat ein Konzept, ob jung oder alt. Auch bei uns werden Laptops genutzt, auch ich trainiere nicht mehr so wie vor 15 Jahren. Was sich geändert hat, sind die Begriffe.

Zum Beispiel?

FUNKEL Es ist ja Wahnsinn, was heute so alles über abkippende Sechser, falsche Neuner und so einen Blödsinn erzählt wird. Oder Box. Warum sagt man nicht einfach weiter Strafraum statt Box? Oder Konter statt Umschaltspiel?

Wie viel Marketing ist denn im Trainerjob heute gefragt?

FUNKEL Auf jeden Fall mehr als früher. Es gibt sogar Medienunterricht in der Trainerausbildung, die breiter aufgestellt ist als früher. Aber wir Älteren bekommen die Entwicklungen dennoch mit. Und so groß ist der Unterschied zwischen den Trainern in der täglichen Arbeit gar nicht.

Ist Fußball also eher Kopfsache?

FUNKEL In der Situation, als ich kam, als Fortuna viermal in Folge verloren hatte, auf jeden Fall. Die Mannschaft war schon ein Stück weit verunsichert. Da war es ein großer Vorteil, dass ich die Spieler aus der Beobachtung gut kannte und besser an sie herankam.

Was war Ihre entscheidende Maßnahme?

FUNKEL Ein mitentscheidender Schritt war, die erfahrenen Spieler Adam Bodzek und Oliver Fink zurückzuholen. Sie hatten sich öffentlich nie negativ geäußert, obwohl sie unter meinen Vorgängern kaum zum Zuge kamen. Das ist Charakter. Ich habe sofort versucht, sie wieder zu Führungsspielern zu machen. Beide haben mein Vertrauen in jeder Sekunde zurückgegeben.

Hätten Ihre Vorgänger nicht ihr Potential ebenfalls erkennen müssen?

FUNKEL Jeder Trainer hat andere Gedanken, andere Ideen. Diese sollten auch positiv sein, zum Erfolg führen. Sie hatten nur nicht das Glück, dass diese Ideen aufgegangen sind.

Wie sieht denn die Fortuna der nächsten Saison aus?

FUNKEL Wir werden eine Mannschaft aufstellen, die finanziell zu Fortuna passt und mit der wir trotzdem eine Zittersaison wie die letzte vermeiden können.

Wer plant dieses Team konkret?

FUNKEL Wir machen das zu dritt. Der Vorstandsvorsitzende Robert Schäfer, Sportdirektor Rachid Azzouzi und ich.

Und wie sieht der Plan aus?

FUNKEL Der Verein will auf die Jugend setzen, und dieses Konzept trage ich mit. Wir haben aus der eigenen Jugend vier Leute hochgezogen, Kemal Rüzgar hat gerade eben als Vierter einen Vertrag unterschrieben. Wir wollen mehr Identifikation mit Fortuna schaffen, das geht besser mit jungen, hungrigen Leuten. Aber das erfordert Geduld.

Kurzfristig Qualität zu holen, geht vermutlich am besten über Leihspieler, oder?

FUNKEL Das Ausleihen macht in bestimmten Situationen durchaus Sinn. In Bochum habe ich Christoph Kramer aus Leverkusen ausgeliehen und Daniel Ginczek aus Dortmund. Solche Spieler helfen, kurzfristig Erfolg zu haben. Und auch Erfolg schafft Identifikation. Man bekommt aber leider auch nicht jede Verstärkung, die man möchte: Julius Biada von Fortuna Köln hätten wir gern geholt, aber er geht leider nach Braunschweig.

Trauen Sie sich zu, aus einem nicht einfachen Typen wie Sercan Sararer sein Potential herauszukitzeln?

FUNKEL Bei Jermaine Jones ist mir das in Frankfurt gelungen, aber der war damals auch erst 21. Sercan ist schon 26 und war bei einigen Vereinen - wir werden noch mal mit dem Jungen reden.

Und Didier Ya Konan?

FUNKEL Uns steht ein kleinerer Etat zur Verfügung als bisher. Das heißt auch, dass wir uns von Spielern trennen werden. Zudem wollen wir die Mannschaft verjüngen und den Kader verkleinern. Dann gibt es eben Spieler, denen wir gesagt haben, dass sie sich nach anderen Möglichkeiten umschauen sollen.

Haben Sie dieses Gespräch mit Ya Konan geführt?

FUNKEL Ja. Didi weiß Bescheid, und er wird es auch machen.

Welches Ziel haben Sie mit Fortuna?

FUNKEL Leidenschaftlichen und in der Regel offensiven Fußball zu spielen. Wir haben zu wenig Tore geschossen, das wollen wir ändern und eine sorgenfreie Saison spielen.

Dafür werden Sie Verstärkung im Sturm brauchen.

FUNKEL Ja, aber da dürfen wir nicht die Geduld verlieren. Die Bundesligisten fangen mit ihren Planungen gerade erst an, da werden wir notgedrungen noch Zeit benötigen. Das kann noch bis Ende August dauern.

Sie sind in der Region sehr verwurzelt. Was ist Ihr Lieblingsort hier?

FUNKEL Der Krefelder Stadtwald. In Düsseldorf gehe ich gern über den Barbarossaplatz in Oberkassel.

Werden dann oft Selfies mit Ihnen gewünscht?

FUNKEL Ja, es ist unglaublich, dass man anderen nur mit einem Foto eine Freude machen kann. Ich würde deshalb nie eines verweigern. So habe ich dann auch gemerkt, wie viele Fortuna-Fans es in Krefeld gibt.

Wann sieht man Sie denn mal mit einem Anzug an der Seitenlinie?

FUNKEL (lacht) Das wird nicht mehr passieren. Dafür müssten wir schon in der Champions League spielen.

BERND JOLITZ ZEICHNETE DAS GESPRÄCH AUF.

(RP)
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