Fortuna Düsseldorf Paul Jägers Netzwerk

Düsseldorf · Fortunas Finanzvorstand ist seit 27 Jahren in verschiedenen Ämtern für den Verein tätig. Mancher im Aufsichtsrat würde sich dem Vernehmen nach gern von ihm trennen, doch der 59-Jährige hat neben mächtigen Gegnern auch einflussreiche Befürworter.

 Paul Jägers Netzwerk

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Foto: Ferl

Paul Jäger polarisiert. Der Finanzvorstand des Fußball-Zweitligisten Fortuna ist seit 27 Jahren im Verein, hat in dieser Zeit verschiedene Positionen bekleidet, sich eine ganze Reihe von Menschen zum Gegner gemacht und auf der anderen Seite viele Befürworter gefunden. Seine Freunde bezeichnen ihn als authentisch, furchtlos und als Fortunen durch und durch, seine Gegner werfen ihm vor, stets nach mehr zu streben, als es sein Amt hergibt, und dabei falsche Entscheidungen zu treffen. Völlig neutral steht niemand Jäger gegenüber.

In den vergangenen Tagen ist die Rolle des Finanzchefs verstärkt zum Thema geworden. Vor allem, weil Fortunas Führung um den Aufsichtsratschef Reinhold Ernst und den Vorstandsvorsitzenden Robert Schäfer beschlossen hat, dass alle den Verein betreffenden Äußerungen zunächst mit Schäfer abgesprochen werden müssen.

Ohnehin hat das vor Jahren noch beinahe freundschaftliche Verhältnis zwischen Ernst und Jäger stark gelitten. Immer wieder wird sogar kolportiert, der Aufsichtsratsvorsitzende strebe die Trennung von dem streitbaren Finanzchef an - was Ernst gestern dementierte: "Wir suchen einen Sportvorstand, das Thema Finanzvorstand steht nicht auf unserer Agenda." Ein Rauswurf Jägers wäre allerdings auch nicht einfach, denn der 59-Jährige ist in Verein und Umfeld bestens vernetzt.

Generell lässt sich sagen, dass Paul Jäger seine Freunde eher an der Basis, seine Gegner eher auf dem gesellschaftlichen Parkett hat. Was nicht heißt, dass jeder einfache Fan automatisch ein Befürworter Jägers ist, da auch in dieser Szene viele kritisieren, dass der Finanzchef trotz vieler Krisen und Abstiege stets im Amt geblieben ist. Ebenso muss nicht jeder, der an gesellschaftlichen Treffs teilnimmt, zwangsläufig die Ablösung des Fortuna-Urgesteins fordern.

Mitspieler

Fortuna Düsseldorf stellt Robert Schaefer vor
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Fortuna stellt Robert Schäfer vor

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Foto: Falk Janning

Ein wichtiger Fürsprecher Jägers ist der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Fußball-Bundes, Peter Frymuth. Die beiden rauften sich bei der gemeinsamen Vorstandsarbeit für Fortuna zusammen, und heute sind sie sehr gut befreundet. Frymuth bekleidet nach seinem Wechsel zum DFB zwar kein Führungsamt mehr in Düsseldorf, ist aber nach wie vor sehr einflussreich und Ehrenmitglied des Vereins.

Auch Werner Sesterhenn ist ein ehemaliges Vorstandsmitglied Fortunas - und ein Verbündeter Jägers. In seinem aktuellen Amt als Vorsitzender des Wahlausschusses stellt Sesterhenn viele Weichen für die Zusammensetzung von Fortunas Aufsichtsrat, der wiederum den Vorstand einsetzt. Jäger kann bei Differenzen auf die Unterstützung Sesterhenns zählen, ebenfalls auf die des früheren "Mister Fortuna", des langjährigen Vorstands Werner Faßbender, auf den noch immer vor allem ältere Mitglieder hören.

Beinahe noch wichtiger für Jäger ist, dass Albrecht Woeste zu ihm steht. Die Stimme des ehemaligen Henkel-Chefs und Grandseigneurs in Fortunas Aufsichtsrat hat großes Gewicht, und bislang hat er sich in aller Regel für den Finanzvorstand ausgesprochen. Das hat auch Einfluss auf Carsten Knobel, zweiter Mann im Aufsichtsrat des Vereins und Finanzchef von Henkel. Knobel bildet mit Ernst eine starke Doppelspitze - ist aber dem Vernehmen nach in Sachen Jäger eher bei Woeste, ebenso wie Mit-Aufsichtsrat Dieter vom Dorff.

Ein Pfund, mit dem der Finanzchef wuchern kann, sind zudem die Kontakte, die er sich außerhalb des Klubs erworben hat. Jäger ist über von ihm betreute soziale Projekte Fortunas, über Brauchtum und die von ihm organisierten VIP-Bustouren zu Auswärtsspielen gut vernetzt. Außerdem ist er beim DFB, zu dem er über Lizenzierungs- und juristische Fragen enge Verbindungen unterhält, sehr gut angesehen.

Gegenspieler

Reinhold Ernst wird vielerorts als Jägers wichtigster Gegner gezählt, doch weniger zurückhaltend ist in dieser Rolle das Aufsichtsratsmitglied Joachim Hunold. Schon seit etlichen Jahren sind sich der Air-Berlin-Gründer und Fortunas Finanzvorstand in herzlicher gegenseitiger Abneigung verbunden.

Ein Gegenspieler Jägers im Aufsichtsrat ist auch der Jurist Ignacio Ordejón-Zuckermaier. Diese Rats-Stimmen genügen jedoch nicht für eine Ablösung, selbst wenn man die nicht eindeutig zuzuordnenden Marcel Kronenberg und Björn Borgerding ebenfalls gegen Jäger rechnete: Da das neunte Mitglied Christian Veith als neutral mit leichter Pro-Jäger-Tendenz gilt, sind die Meinungen im Gremium geteilt.

Robert Schäfer

Der neue Vorstandsvorsitzende hat einige von Jägers bisherigen Aufgaben übernommen, kann es sich jedoch leisten, sich aus allen Spekulationen herauszuhalten. Zumindest solange ihm Jäger keine Knüppel zwischen die Beine wirft. Schäfer bildet derzeit eine starke Achse mit Ernst - wie stabil und fruchtbar seine Zusammenarbeit mit Jäger sein kann, muss die Zukunft zeigen.

Ausblick

Vieles spricht dafür, dass es nicht zu einer schnellen Trennung von Jäger kommt. Obwohl er an Einfluss eingebüßt hat, wird der Finanzvorstand auf Zeit spielen und die Entwicklung beobachten. Gleiches gilt für Ernst, der nicht ohne Not riskieren wird, dass Jäger seine Hausmacht aktiviert. Es rumort ohnehin an der Vereinsbasis, da einige Fans und Mitglieder befürchten, auf dem Weg der Professionalisierung des Klubs nicht mitgenommen zu werden. Oft ist die Befürchtung zu hören, dass ein "Anzugträger-Verein" entsteht. Der Aufsichtsratschef will dem gemeinsam mit Schäfer entschieden entgegenwirken.

Sein Hauptaugenmerk muss zunächst darauf liegen, dass sein Wunschkandidat Schäfer gut einschlägt und dass er einen erfolgreichen Sportvorstand findet. Das größere Risiko liegt bei Ernst, der als Aufsichtsrat von den Mitgliedern gewählt ist und im Misserfolgsfall abgewählt werden kann. Dass so etwas möglich ist, hat die Abwahl eines seiner Vorgänger, Burchard von Arnim, bewiesen. Jägers Vertrag als Vorstandsmitglied läuft in einem Jahr aus, der als Geschäftsführer ist jedoch unbefristet - und nach einer so langen Anstellungszeit hätte er Anrecht auf eine hohe Abfindung.

(jol)
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