Fortuna Düsseldorf Der neue Liendl

Düsseldorf · Fortunas Mittelfeldregisseur schien schon auf dem absteigenden Ast zu sein. Manch einer wähnte den Österreicher sogar auf dem Absprung. Beim 1:1 in Berlin feierte er ein bemerkenswertes Comeback mit ungeahnten Qualitäten.

Michael Liendl: Feingeist und Elfmeterexperte
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Das ist Michael Liendl

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Foto: rpo, Falk Janning

Bis zuletzt schien fraglich, ob Frank Kramer dieses Risiko wirklich eingehen würde. Zwei echte Sturmspitzen, dahinter zwei offensive Außen - und dann auch noch Michael Liendl im zentralen Mittelfeld, der doch für viele Fortuna-Anhänger so etwas wie die personifizierte Deckungsschwäche zu sein schien. Was Fortunas Cheftrainer da plante, grenzte in den Augen vieler Beobachter gerade in einem schweren Auswärtsspiel wie dem bei Union Berlin an Harakiri.

Doch Kramer nahm das Risiko an, setzte auf den Österreicher und wurde dafür belohnt. Zwar startete der 29-Jährige ausgesprochen unglücklich, als er in der dritten Minute nach einer Hereingabe von Sercan Sararer den einschussbereiten Didier Ya Konan umrannte. Was Liendl dann aber in den folgenden 87 Minuten bis zum 1:1-Endstand zeigte, war seine stärkste Vorstellung seit mindestens einem halben Jahr. Endlich knüpfte der frühere Wolfsberger wieder an jene Darbietungen an, die er in seinem hervorragenden ersten Fortuna-Halbjahr serienweise abgerufen hatte.

Das Bemerkenswerteste an Michael Liendls Partie an der Alten Försterei war jedoch seine Bereitschaft, auch in der Defensive weite Wege zu gehen. So wie in der zweiten Hälfte, als Fortunas alles nach vorn warf und ihre rechte Abwehrseite wegen des Vorstoßes von Kevin Akpoguma bei einem Union-Konter verwaist war. Wie selbstverständlich sprintete Liendl zurück auf die Außenverteidigerposition, zeigte damit, dass er sich auch für Schmutzarbeit nicht zu schade ist. Er verpasste es lediglich, sich mit einem eigenen Treffer zu belohnen. Die Chance dazu war da, als er in der 84. Minute nach Mike van Duinens Vorarbeit per Hackentrick ganz knapp am Tor vorbeischoss - mit dem schwächeren rechten Fuß.

"Michael hat in der Vorbereitung gezeigt, dass er bereit dafür ist, auch harte Defensivarbeit abzuliefern", erklärt Kramer. "Wenn wir vom Trainerteam so etwas sehen, dann stellen wir das Mittelfeld auch gern auf diese Weise auf. Schließlich wollen wir bei eigenem Ballbesitz die entsprechende Wucht ausüben." Der früher als Schöngeist verrufene Österreicher hat offenbar begriffen, worauf es Kramer und dessen Assistenten Peter Hermann ankommt. Wie schon beim 4:3 im Test gegen Ipswich zog er sich auf der Doppel-Sechs teilweise bis hinter Julian Koch zurück, um von dort aus - deutlich weiter hinten als im früheren System - Fortunas Angriffe zu inszenieren. Das bringt für ihn weite Wege mit sich und erfordert eine hohe Laufbereitschaft - wie der bald zweifache Familienvater sie in Berlin an den Tag legte.

Diese Einstellung fordert Kramer jetzt langfristig von seinem sensiblen Spielgestalter, den manche schon auf dem Absprung sahen. "Es geht um Tickets fürs Team", betont der Trainer. "Da erwarten wir von jedem 100 Prozent Einsatz und Leidenschaft. Die hat Michael in Berlin gezeigt." Und er soll es am Sonntag im Heimspiel gegen den SC Paderborn (13.30 Uhr, Arena) wieder tun.

Im Fantalk "95 olé" des Fernsehsenders center.tv ist heute ab 20 Uhr Vizekapitän Julian Koch zu Gast.

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(RP)
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