Thorsten Stuckmann "Die Fans trugen Masken mit meinem Gesicht"

Düsseldorf · Mit 36 Jahren ist Torhüter Thorsten Stuckmann der älteste Spieler bei Fortuna II. Sechs Jahre lang war er als Profi auf der britischen Insel aktiv. Mit uns sprach er über seine Erfahrungen in England und die Regionalliga.

 Fast ein Held: Bei Stuckmanns Debüt für Fortuna II fehlten auf seinem Trikot ein paar Buchstaben.

Fast ein Held: Bei Stuckmanns Debüt für Fortuna II fehlten auf seinem Trikot ein paar Buchstaben.

Foto: imago, Fupa

Thorsten Stuckmann hatte gerade seinen ersten Einsatz für Fortunas U23 in der Fußball-Regionalliga West erfolgreich absolviert, als der 36-jährige Torwart auf dem Weg zur Kabine einen kleinen Umweg vorbei an der Haupttribüne des Waldstadions in Wegberg-Beeck einlegen musste. Weniger Meter entfernt beobachteten ein paar Zuschauer den 1,99 Meter großen Hünen. "Das passt ja fast", raunte einer von ihnen, als er Stuckmanns Rücken musterte. Dort stand neben der Nummer 22 lediglich die Buchstabenfolge "ELD". Es waren die Überreste des Flocks "Düsseldorf".

Als einen Helden würde sich Stuckmann, trotz seiner starken Leistung beim 3:0-Auswärtssieg, jedoch nicht bezeichnen, dafür ist der Keeper auch zu sehr Teamplayer. Vor dem morgigen Heimspiel gegen die SG Wattenscheid (14 Uhr, Paul-Janes-Stadion) sprach unsere Redaktion mit dem Routinier über seine Rolle als Führungsspieler bei der "Zwoten", seine Zeit in England und eine besondere Fan-Aktion.

Herr Stuckmann Sie haben mehr als 400 Profispiele in Deutschland und England absolviert - was reizt Sie daran, in der 4. Liga zu spielen?

Stuckmann Ich war jetzt sechs Jahre im Ausland, und in Deutschland mehr oder weniger von der Bildfläche verschwunden. Als ich dann im Sommer mit meiner Familie zurückgekehrt war, hatte ich schon ein paar Anfragen und Angebote, die ich aber abgelehnt habe. Weil ich mir gesagt habe, wenn ich was mache, dann sollte das schon in der Nähe von zu Hause sein und sich auch für mich lohnen sowie mit meinem Beruf als Unternehmensberater vereinbar sein. Damit meine ich auch, dass es mir Spaß macht, dass ich gerne zum Training komme, und dass die Stimmung in der Kabine gut ist. Das stimmte hier alles von Anfang an.

Sie sind im Oktober gekommen. Wie verlief der Einstieg?

Stuckmann Wirklich super. Fortunas Scout Chris Weber hatte mich vor meiner Verpflichtung angerufen und mich gefragt, was ich generell so vorhabe. Im Verlauf des Gesprächs fragte er dann, ob ich vielleicht Lust hätte, mich in Düsseldorf fit zu halten. Ich habe schließlich zugesagt und bin dann zum Training gekommen. Das Trainerteam und die Mannschaft haben mich von Anfang an wirklich super aufgenommen. So hat das seinen Anfang genommen.

Wie schätzen Sie die Regionalliga West sportlich ein?

Stuckmann Sie bewegt sich schon auf einem guten Niveau. Ich habe mir zum Beispiel das Spiel gegen Dortmund II (2:0) angeschaut, als ich noch nicht unterschrieben hatte. Das war ein Klassespiel. Da ging es hin und her auf einem technisch anspruchsvollen Niveau.

Wie definieren Sie Ihre Rolle in der Mannschaft?

Stuckmann Die Rolle definiert sich letztlich immer über die Leistung auf dem Platz. Von daher möchte ich mit einem guten Beispiel vorangehen. In meiner Karriere habe ich gelernt, was es heißt, professionell zu arbeiten und wie die Vorbereitung auf ein Spiel auszusehen hat. All das möchte ich den jungen Spielern auch mit auf dem Weg geben.

Sie haben in England Probetrainings bei Blackpool, Swansea, Preston und Leeds absolviert - wie kam es dazu?

Stuckmann Durch meinen deutschen Berater, der damals Kontakt nach England gehabt hatte. Swansea ist in dieser Zeit gerade mit Brendan Rogers in die Premier League aufgestiegen. Letztlich haben sie Gerhard Tremmel verpflichtet. In Leeds bin ich zwei Monate nach einer Verletzung ins Training eingestiegen, das war definitiv zu früh. Komischerweise war der Trainer, der mich in Leeds nicht wollte, später mein Coach in Preston. Mit ihm habe ich dann auch sehr erfolgreich zusammengearbeitet.

Haben Sie ihn später noch mal darauf angesprochen?

Stuckmann Wir haben tatsächlich noch ein paar Mal darüber gesprochen. Aber es gibt im Fußball manchmal eben solche Situationen. Sie kannten mich damals nicht, und als Ausländer ist es generell am Anfang schwieriger. Wobei man allerdings auch sagen muss, dass Leeds zu der Zeit in Kasper Schmeichel (dänischer Nationaltorhüter, Anm. d. Red.) keinen schlechten Mann zwischen den Pfosten hatte.

Letztlich wurde Preston Ihre erste Station in England - ein Glücksfall?

Stuckmann Auf jeden Fall. In Preston war ich fast vier Jahre, eine sehr prägende Zeit, auch für meine Familie. Zudem hatte ich in Alan Kelly einen Torwarttrainer, der meiner Philosophie für das Torwartspiel sehr nahe gekommen ist und mich sehr inspiriert hat.

Besonders schlecht haben Sie sich jedenfalls nicht angestellt. Im ersten Jahr wurden Sie direkt zum Spieler des Jahres gewählt.

Stuckmann Das lag vielleicht auch an meinen ersten Spielen. Zuerst habe ich im Pokal im Elfmeterschießen direkt drei Elfmeter gehalten. Danach hatten wir in den nächsten drei Ligaspielen auch jeweils einen Elfmeter, von denen ich nur einen kassiert habe. So habe ich mit einer relativ guten Quote angefangen. Allerdings haben wir auch als Mannschaft nicht so erfolgreich gespielt, so dass ich mich als Torhüter sehr oft auszeichnen konnte.

In England gibt es ja die Tradition, dass beliebte Spieler von den Fans einen Spitznamen verpasst bzw. ein eigenes Lied komponiert bekommen. War das bei Ihnen auch der Fall?

Stuckmann Das nicht gerade. Aber in Preston haben die Fans bei einem Spiel in Oldham Masken mit meinem Konterfei gemacht, so dass der gesamte Auswärtsblock aus Menschen mit meinem Gesicht bestand. Das war schon lustig und ehrlicherweise auch ein wenig spooky. In Doncaster haben die Fans dann auch öfter den Song "We got a big fucking german" gesungen. Das pusht einen natürlich sehr und zeigt auch, dass man nicht allzu viel falsch gemacht hat.

Bis zum Sommer läuft Ihr Vertrag bei Fortuna II. Wie lange wollen Sie noch spielen?

Stuckmann Grundsätzlich will ich so lange spielen, wie es mir Spaß macht sowie mit meinem anderen beruflichen Standbein, das ich mir bereits aufgebaut habe, vereinbar ist. Im Sommer werden wir sehen, wie es weitergeht. Doch bisher halten meine Knochen noch sehr gut.

(RP)
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