Kommentar zur Entlassung von Jens Keller Zappenduster auf Schalke

Meinung | Gelsenkirchen · Das unwürdige Schauspiel ist zumindest mit einer großen Konsequenz auch angemessen stillos beendet worden. Mit 22-monatiger Verspätung haben sich die Verantwortlichen auf Schalke dann doch ihr klitzekleines Missverständnis mit Jens Keller eingestanden.

FC Schalke 04: Nach der Entlassung von Jens Keller ist es zappenduster
Foto: dpa, Friso Gentsch

Der bemitleidenswerte Trainer konnte in dieser Zeit zwar durchaus stattliche Erfolge vorweisen (3./4./3. in der Meisterschaft), doch das reichte eben nicht. In Gelsenkirchen haben sie trotzdem immer neidisch nach Dortmund geblickt. Zum smarten Jürgen Klopp, der es selbst schafft, mittlere Krisen als großen Erfolg zu verkaufen. Keller mag ein guter Übungsleiter sein, ein begnadeter Verkäufer ist er indes nicht. Doch auch darauf kommt es in diesem Geschäft leider immer mehr an.

Für diese Erkenntnis wiederum hätte es nicht so viel Zeit gebraucht. Denn Keller ist einfach Keller geblieben. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Seine Vorgesetzten haben das natürlich gewusst — und öffentlich nicht allzu intensive Bemühungen unternommen, ihren Angestellten zu schützen. Angesichts seiner guten Bilanz ist es geradezu zynisch, aber Keller hat nie zu Schalke gepasst. Zu diesem Verein, der für große Oper steht — mindestens außerhalb des Platzes. Für diesen Verein, der von Glamour träumt, vom Selbstverständnis mindestens auf Augenhöhe mit dem FC Bayern München und Borussia Dortmund.

Der mächtige Aufsichtsratsboss Clemens Tönnies und Sportvorstand Horst Heldt haben alle Konsequenz vermissen lassen, die man sich von Vorgesetzten wünscht. Sie wollten sich nicht von den Mechanismen der Branche treiben lassen. Sie wollten nicht nach den ersten Negativschlagzeilen des Boulevard einknicken. Doch spätestens als über Keller selbst nach Siegen in bedrohlichem Ausmaß genörgelt wurde, hätte ein Schlussstrich gezogen werden müssen. Um Keller zu schützen, aber auch die Ziele des Vereins nicht in Gefahr zu bringen. Es fehlte schlichtweg die Perspektive. Professionell wäre es deshalb gewesen, spätestens nach dem Saisonende zu handeln. Dazu hätte es noch nicht einmal einer großen Portion Mut gebraucht. Stattdessen ließ man alles laufen.

Der tatsächliche Schaden ist noch überhaupt nicht absehbar. Schalke hat sich einen vermeintlich "großen" Namen eingekauft. Doch Roberto Di Matteo hat gerade einmal eineinhalb Jahre Berufserfahrung am Stück. Ob das für die Großbaustelle Schalke ausreichend ist, muss nach jetzigem Stand zumindest leise angezweifelt werden.

(gic)
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