"Alles hat hervorragend geklappt" Breitenreiter spricht nach Pleite voller Euphorie über die Leistung

Gelsenkirchen · Schalke 04 hat den Rückrundenstart verpatzt. Nach der 1:3-Heimpleite gegen Werder Bremen fehlten aber nicht nur drei Punkte, sondern auch der Sinn für die Realität.

 Frust bei Schalke 04.

Frust bei Schalke 04.

Foto: dpa, mb

Klaas-Jan Huntelaar sprach vom "besten Saisonspiel", Andre Breitenreiter sah sein Team "deutlich verbessert": Nach dem Fehlstart in die Rückrunde redeten sich Spieler und Trainer von Schalke 04 den 1:3 (1:1)-Schock gegen den Tabellen-16. Werder Bremen schön - und mancher dachte, er habe vielleicht das falsche Spiel gesehen.

In der Halbzeitpause habe man sich kneifen müssen, "dass es 1:1 steht", berichtete Coach Breitenreiter. Zurück in die Realität fanden die Königsblauen, die in der Winterpause von der Rückkehr in die Champions League geträumt hatten, danach nicht mehr - weder auf dem Platz noch in der Analyse. "Keine Vorwürfe" gab es von Breitenreiter, der wie von einem grandiosen Sieg redete: "Alles, was wir uns vorgenommen haben, hat hervorragend geklappt."

Torjäger Huntelaar wollte sich "keinen Kopf machen, dass wir schlecht gespielt hätten". Dass er selbst mit drei vergebenen Riesenchancen in der starken ersten halben Stunde nach dem frühen 1:0 durch Joel Matip (4.) maßgeblich zum Auftakt-Schock beigetragen hatte, hakte der Niederländer schnell ab: "Manchmal ist Fußball komisch." Dass die Schalker bei den Gegentoren von Clemens Fritz (43.), Claudio Pizarro (54.) und Anthony Ujah (89.) nur Spalier gestanden hatten, wurde überhaupt nicht thematisiert.

Nach sieben Monaten mit Trainer Breitenreiter stellt sich mancher Beobachter die Frage, wo genau der immer wieder vom Ex-Paderborner betonte Fortschritt denn zu finden ist. Zum wiederholten Mal gelang es der - trotz der Verletzung des Weltmeisters und Kapitäns Benedikt Höwedes - hochkarätig besetzten Schalker Mannschaft nicht, länger als eine halbe Stunde den versprochenen schnellen, direkten und attraktiven Fußball zu spielen. Eine Trainerdiskussion gebe es aber nicht, sagte Sportvorstand Horst Heldt am Montag: "Wir sind sehr zufrieden mit Andre."

Doch als Bremen sich dank seiner Altstars aufbäumte, wurden alle Schalker Schwächen überdeutlich: Die Automatismen fehlten ebenso wie eine klare Aufgabenteilung. Als die Heimpleite langsam Gestalt annahm, liefen sich die Königsblauen nicht nur einmal gegenseitig um. Im mit außergewöhnlich begabten Jungprofis besetzten Mittelfeld fühlte sich außer Leon Goretzka niemand für die Defensivarbeit zuständig. Die Außenstürmer zogen immer wieder in die ohnehin überfüllte Mitte.

Als dem Europacup-Teilnehmer gegen den Abstiegskandidaten das Spiel immer mehr aus den Händen glitt, kamen von außen keine neuen Impulse. Breitenreiters frühe Auswechselung von Max Meyer sorgte für Kopfschütteln. Noch hat der neue Trainer bei den Fans einen Bonus, weil er die schlechte Stimmung unter seinem Vorgänger Roberto Di Matteo verscheuchte. "Die Köpfe hochnehmen, Ruhe bewahren und den nächsten Anlauf nehmen", mahnte Breitenreiter. Doch dass beim Schlusspfiff die Arena nicht einmal mehr zur Hälfte gefüllt war, dürfte auch ihm zu denken geben.

Werder-Coach Viktor Skripnik verschloss dagegen vor der Realität nicht die Augen. "Das ist noch nicht alles, wir müssen 16 Spiele weiter akribisch arbeiten und liefern", sagte er. Dabei kann er noch auf seinen Kapitän zählen. Clemens, Torschütze und doppelter Vorbereiter, will sich im Sommer nach zehn Jahren an der Weser mit dem Klassenerhalt verabschieden. Einen Rücktritt vom Rücktritt schloss der 35-Jährige aus: "Ins Wanken komme ich nicht mehr."

(sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort