Rassismus-Skandal Die rechte Gefahr aus der Kurve

Rom/Düsseldorf · Beim Champions-League-Spiel zwischen Lazio Rom und Bayer Leverkusen haben italienische Fans für einen Rassismus-Skandal gesorgt. Es war nicht der erste Fehltritt. Der europäische Fußballverband tut sich schwer im Kampf gegen Rechtsradikale.

 Mit diesem Banner mit SS-Symbolik feierten die Lazio-Ultras 2011 Miroslav Klose.

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Foto: AP

Das Olympiastadion in Rom. Die italienische Hauptstadt ist Schauplatz des Play-off-Spiels für die Champions League - Lazio gegen Bayer Leverkusen (1:0). Sportlich bietet die Partie wenig, um nachhaltig in Erinnerung zu bleiben. Das Drumherum wird wohl noch eine Weile für Gesprächsstoff sorgen. Laute mit einem langgezogenen "U" sind immer dann besonders klar zu hören, wenn die dunkelhäutigen Spieler von Bayer Leverkusen (Wendell, Karim Bellarabi und Jonathan Tah) in eine Aktion verwickelt sind. In der 15. Spielminute ermahnt schließlich der Stadionsprecher - ausschließlich in italienischer Sprache - die Zuschauer, Sprechchöre und Laute mit rassistischem Inhalt zu unterlassen, sonst drohe ein Spielabbruch.

Während es zunächst hieß, Schiedsrichter Jonas Eriksson hätte den Auftrag zur Durchsage gegeben, ließ der europäische Fußballverband (Uefa) auf der Pressekonferenz nach Spielende verlauten, dass die Durchsage von der Polizei veranlasst wurde und es sich möglicherweise um einen Fehler handele. Bizarr wurde es, als Lazio-Manager Igli Tare zu erklären versuchte, dass es in Italien einen Unterschied zwischen "Uhh" und "Buuh" gebe, wobei nur letzteres eine rassistische Anfeindung darstelle. Die Uefa teilte schließlich gestern mit, keine Untersuchungen einzuleiten.

Auch wenn die Leverkusener Spieler und Verantwortlichen beteuerten, dass sie von den Schmähungen nichts mitbekommen haben, konterkariert die Uefa so ihre allseits propagierte Kampagne "Say no to racism" ("Sag nein zu Rassismus"), die auch am Rande des Spiels am Dienstag mehrmals per Video und Durchsagen verbreitet wurde.

Die Entgleisungen in Rom sind indes längst kein Einzelfall im europäischen Fußball. Erst im Juli hatte es in Russland, Gastgeberland der WM 2018, erneut einen Eklat gegeben. Der Ghanaer Emmanuel Frimpong, Mittelfeldspieler von FK Ufa, hatte in der Auftaktpartie der ersten Liga gegen Spartak Moskau den Mittelfinger in Richtung der Spartak-Fans gezeigt. Er begründete dies mit "Affen"-Rufen von der Tribüne. Der Weltfußballverband (Fifa) hatte daraufhin eine Erklärung vom russischen Verband angefordert. Russische Funktionäre - inklusive Sportminister Witali Mutko - zweifelten an der Darstellung des Profis und sperrten ihn für zwei Spiele. Der brasilianische Nationalspieler Hulk von Zenit St. Petersburg, der ebenfalls über rassistische Beleidigungen klagt, stellte sich an Frimpongs Seite: "Es ist eine Schande", sagte er. Die Anti-Rassismus-Organisation Fare hat bislang rund 200 Vergehen dieser Art in Russland dokumentiert.

In Italien kommt es ebenfalls zu vielen Attacken. Nur selten greift der nationale Verband durch - mit aller Macht schon gar nicht. Für die Schmähgesänge seiner Anhänger vor drei Jahren im Pokalspiel gegen den AC Mailand wurde Juventus Turin immerhin zu einer Geldstrafe von 20 000 Euro verurteilt. Der Deutsch-Ghanaer Kevin-Prince Boateng verließ im Januar 2013 bei einem Freundschaftsspiel der Mailänder in der Lombardei nach Anfeindungen der Fans den Platz. Seine Mitspieler folgten ihm. Die Partie wurde abgebrochen. Für diese Aktion und die Solidarität seiner Teamkollegen hatte es Lob von höchsten Stellen gegeben, auch von Fifa-Chef Joseph Blatter. Im März 2013 hielt der gebürtige Berliner Boateng eine viel beachtete Rede gegen Rassismus vor den Vereinten Nationen in Genf. Verändert hat sich nicht viel.

Serie A 12/13: Lazio-Profis demonstrieren gegen Rassismus
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Foto: afp, FILIPPO MONTEFORTE

Die Uefa sieht weitestgehend tatenlos zu. In einem "Handbuch für gute Verhaltensregeln" wird auf 22 Seiten beschrieben, wie man Rassismus begegnen soll. Der Verband hat damit offensichtlich größere Probleme. Denn wirkungsvoll konnte er dem Problem nicht begegnen. In der Regel werden im Höchstfall nur milde Geldstrafen ausgesprochen, wirklich abschreckend ist das nicht. Es lässt den Pöblern zu viel Raum, ihre Parolen zu skandieren.

(RP)
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