EM-Teilnehmer im Porträt Österreich setzt sich "nach oben keine Grenze"

Österreichs Fußballer um David Alaba haben sich erstmals sportlich für eine EM-Endrunde qualifiziert und genießen inzwischen Heldenstatus.

Das ist Marcel Koller
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Österreich gilt als Land der Berge, als Land der begnadeten Skifahrer. Ikonen wie Franz Klammer, Marcel Hirscher oder Hermann Maier werden gefeiert und verehrt. Normalerweise! Derzeit herrscht in der kleinen Alpenrepublik eine nie dagewesene Hysterie um die Fußballer. Seitdem sich Österreich erstmals sportlich für eine EM-Endrunde qualifiziert, genießen David Alaba und Co. Heldenstatus.

Die Europäische Fußball-Union (Uefa) erhöhte sogar des ursprünglich vorgesehene Kontingent von 31.000 Tickets für die drei Vorrundenspiele gegen Ungarn, Island und Portugal auf über 43.000, um das enorme Interesse der rot-weiß-roten Fans an ihrem Nationalteam halbwegs zu befriedigen. Blamagen wie einst gegen die Färöer oder ein 0:9 gegen Spanien 1999? Längst vergessen! Österreich liegt seinem Team zu Füßen.

"Ich bin extrem stolz auf diese Mannschaft", sagte Werner Faymann, als er noch als Bundeskanzler im Amt gewesen war, und gab damit die Stimmung im ganzen Land wieder. "Diese Mannschaft ist die Sensation in Europa!", fügte Verbandsboss Leo Windtner nach geschaffter Qualifikation mit Pathos an.

Ohne Niederlage war Österreich zur Endrunde in Frankreich gestürmt und hatte dabei die höher gehandelten Schweden mit Superstar Zlatan Ibrahimovic und Russland weit hinter sich gelassen. Beim entscheidenden Duell in Schweden gelang sogar ein 4:1. Die Kronen-Zeitung schrieb anschließend von einer "Sternstunde" - und selbst Ibrahimovic verneigte sich vor den Österreichern: "Sie waren in allen Belangen besser, haben uns auseinandergenommen."

Vater des Erfolgs ist der begehrte Schweizer Trainer Marcel Koller, der erst im März seinen Vertrag bis 2017 verlängerte. Der 55-Jährige, einst auch in Köln und Bochum tätig, übernahm das Amt am 1. November 2011 und formte in dieser Zeit ein schlagkräftiges Team. In der Qualifikation zur WM 2014 in Brasilien war Österreich zwar noch knapp gescheitert, doch die zweite EM-Teilnahme nach 2008 (damals als Ausrichter automatisch dabei) ließ sich "Deutschland II" nicht nehmen.

Im vorläufigen EM-Kader der Österreicher verdienen 15 (!) von 24 Profis ihr Geld derzeit in Deutschland. Dazu kommen noch fünf Profis, die schon in der Bundesliga gespielt haben.

Angeführt wird das ÖFB-Team von Bayern Münchens Star David Alaba, der im skiverrückten Österreich immerhin 2013 und 2014 zum Sportler des Jahres gewählt worden war. Er ist der Fixpunkt des Spiels. Koller weiß um die Qualitäten des Ausnahmefußballers aus München, hebt aber immer wieder auch die mannschaftliche Geschlossenheit und den Teamspirit hervor. "Es macht unglaublich viel Spaß mit diesem Team, das ganze Umfeld hat sich in diesen knapp vier Jahren unglaublich entwickelt", betonte

Nur eines passt dem bescheidenen Schweizer so gar nicht und macht ihn narrisch: Wenn in Österreich schon wieder geträumt und etwa von einem Sieg über den Erzrivalen "Deutschland I" fabuliert wird. "Die Euphorie ist schon wieder übergeschnappt. Lasst uns jetzt erst einmal nach Frankreich fahren, alles andere ist a bissl zu euphorisch", mahnte er nach dem Erreichen der EM.

Man dürfe jetzt nicht wieder "auf Wolke sieben schweben und Hochrechnungen anstellen, die nicht eintreffen." Dennoch betonte auch Koller: "Wir wollen uns nach oben keine Grenzen setzen."

(sid)
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