EM-Teilnehmer im Porträt Albanien: Neuling mit italienischem Touch

Albanien hat sich erstmals für eine EM-Endrunde qualifiziert. Lange Zeit trat der Fußball-Zwerg kaum in Erscheinung.

 Odise Roshi und Albanien sind erstmals bei einer EM-Endrunde dabei.

Odise Roshi und Albanien sind erstmals bei einer EM-Endrunde dabei.

Foto: afp, JKL

Karl May schrieb 1892 seine Reise-Erzählung "Durch das Land der Skipetaren". Skipetaren ist das gebräuchliche Synonym für die Albaner, die wohl hauptsächlich durch Mays Romane einer breiten Öffentlichkeit überhaupt bekannt sind.

Auch im Fußball galt die albanische Nationalmannschaft viele Jahrzehnte als Punktelieferant für die großen Mannschaften - auch für Deutschland. Aber halt, einmal machte die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) schon unangenehme Erfahrungen mit der Elf vom Balkan. Das 0:0 am 17. Dezember 1967 ging als "Schande von Tirana" in die deutschen Fußball-Annalen ein. Der Vize-Weltmeister verpasste das Viertelfinale und schließlich die Vierer-Endrunde in Italien. Der damalige Bundestrainer Helmut Schön blieb allerdings trotz der Blamage aufgrund des vorzeitigen Scheiterns im Amt. Es lohnte sich, der lange Sachse wurde mit seinem Team 1970 WM-Dritter, 1972 Europameister und 1974 Weltmeister.

Für die EM 2016 qualifizierte sich Albanien ziemlich souverän als Zweiter mit 14 Punkten in der Gruppe I hinter Tabellenführer Portugal (21 Zähler). Die Albaner ließen sogar Dänemark (12) hinter sich, den Europameister von 1992. Zudem feierten die Albaner ein 1:0 in Portugal gegen Cristiano Ronaldo und Co.

Mit ausschlaggebend für die EM-Qualifikation war allerdings das mit 3:0 am grünen Tisch gewonnene Skandalspiel in Serbien. Mit einer Drohne war bei der Partie am 14. Oktober 2014 in Belgrad die Flagge Groß-Albaniens ins Stadion gebracht worden, was zu schweren Krawallen, auch auf dem Spielfeld, führte. Das Spiel wurde in der 41. Minute beim Stand von 0:0 abgebrochen. Der Vorfall zog Kreise bis in die höchste politische Ebene, gewertet wurde das Spiel nach dem Urteil des Internationalen Sportgerichtshofes CAS mit 3:0 für Albanien.

"Stellen Sie sich nur mal eine Situation vor, in der Israel Deutschland in Tel Aviv empfängt und jemand eine Hakenkreuzfahne mit dem Kopf Adolf Hitlers entrollt. Etwas Ähnliches hat sich im Partizan-Stadion ereignet", hatte Serbiens Verbandsvize Goran Milanovic gesagt. Derjenige, der die Drohne ins Stadion gesteuert hatte, wurde später festgenommen.

Im Team der Skipetaren stehen auch einige in Deutschland tätige Profis. So Kölns Mergim Mavraj, Freiburgs Amir Abrashi, Edmond Kapllani vom FSV Frankfurt und Valdet Rama von 1860 München. Der Italiener Gianni De Biasi ist Coach der Mannschaft.

"Ein unfassbarer Traum ist wahr geworden", sagte Ministerpräsident Edi Rama nach geschaffter EM-Quali: "Albanien geht in die EM-Geschichte ein." Die Erfolge für den albanischen Fußball sind bislang sehr überschaubar. Vor 70 Jahren wurde der Balkan-Cup gewonnen - dies war bis zur perfekten EM-Qualifikation der größte Triumph für den Verband FSHF.

Zuletzt gab es allerdings häufiger schon Achtungserfolge gegen die Goliaths. Im September 2004 feierte das Team in der WM-Qualifikation mit dem deutschen Ex-Nationalspieler Hans-Peter Briegel als Chefcoach einen 2:1-Sieg gegen den damaligen Europameister Griechenland mit Trainer Otto Rehhagel. Auch das 1:1 im Länderspiel im November 2014 bei EM-Gastgeber Frankreich wurde als großer Erfolg gewertet.

(sid)
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