Terror in Paris WM-Sicherheitschef "erschüttert" über einsprachige Stadiondurchsagen

Köln · Nach den Terroranschlägen von Paris warnt der deutsche Sicherheitsexperte Helmut Spahn vor Panikmache. Zugleich sieht er Verbesserungsbedarf beim Sicherheitskonzept von EM-Gastgeber Frankreich.

 Nach dem Länderspiel zwischen Deutschland und Frankreich hatte es nur Durchsagen in französischer Sprache gegeben.

Nach dem Länderspiel zwischen Deutschland und Frankreich hatte es nur Durchsagen in französischer Sprache gegeben.

Foto: afp, FF/jh

Dem Terror nicht beugen, das Risiko von Anschlägen aber mit allen verfügbaren Mitteln so minimal wie möglich halten: Der ehemalige Sicherheitschef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und der WM 2006, Helmut Spahn, warnt vor Panik, rät EM-Gastgeber Frankreich aber eindringlich, auch Ratschläge aus dem Ausland anzunehmen.

"Man hat bei den Anschlägen in Paris einmal mehr das Gefühl gewonnen, dass sich die Franzosen in diesen Fragen zu sehr abschotten und auf Ratschläge anderer verzichten. Die Franzosen müssen sich bei diesem Thema der Welt öffnen, damit sich die Gäste sicher fühlen", sagte Helmut Spahn.

Der Generaldirektor des Internationalen Zentrums für Sicherheit im Sport (ICSS) rügte unter anderem die Kommunikation nach dem Länderspiel zwischen Frankreich und Deutschland im Stade de France. "Es kann nicht sein, dass alle Stadiondurchsagen zur Sicherheit nur auf Französisch waren. Das war für mich erschütternd", sagte der 54-Jährige.

Grundsätzlich seien die Verantwortlichen im Stadion aber sehr gut mit der bedrohlichen Situation umgegangen, und das nicht nur im Umgang mit den Zuschauern, sondern auch den Mannschaften. Um eine Massenpanik zu verhindern, sei es auch richtig gewesen, die Begegnung nicht abzubrechen.

Der frühere Polizist stellte fest, dass der Terror noch nie zuvor einem Stadion so nah gekommen sei, er machte aber auch deutlich: "Wir dürfen uns dem Terror nicht beugen und uns nicht unserer Werte und unserer Freiheit berauben lassen. Diese Leute, die solche Anschläge verüben, wollen einen Keil in unsere Gesellschaft treiben. Das müssen wir entschieden verhindern."

Sportwelt solidarisiert sich mit Pariser Terror-Opfern
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Foto: afp, jnk ej

Grundsätzlich müsse man sich aber darüber bewusst sein, dass es keine absolute Sicherheit gebe. "Die Behörden können auch bei der EM 2016 vor den Spielen nicht jeden Veranstaltungsort im Umkreis des Stadions und erst recht nicht jeden öffentlichen Platz oder andere Treffpunkte im Land kontrollieren."

Spahn strahlt trotz der weltweiten Bedrohung durch den Terrorismus aber Optimismus aus: "Es gibt dennoch Möglichkeiten, technische und über die Nachrichtendienste, Gefahren zu minimieren. Man muss alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Gefahr so gering wie möglich zu halten."

Dies habe auch bei der bislang letzten WM in Deutschland gut geklappt. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten aber alle an einem Strang ziehen. "Ich denke, dass die Franzosen im Blick auf einen internationalen Austausch vor dem Turnierstart im kommenden Jahr noch deutlich mehr machen können. Wir haben vor der WM 2006 etwa Vertreter aus allen Nachbarstaaten eingeladen, um die Terrorabwehr zu koordinieren und konkrete Maßnahmen abzusprechen. Das muss auch Frankreich vor dem EM-Start tun und darf sich nicht nur auf sich selbst verlassen", sagte Spahn.

(areh/sid)
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