EM-Kolumne Lust und Last eines Neulings

Das erste große Turnier ist für jeden Leistungssportler eine Herausforderung.

Im Januar, als ich mit der Handball-Nationalmannschaft in Polen Europameister geworden bin, war ich auch ein absoluter Neuling, so wie es aktuell bei unseren Fussballern ja auch einige sind. Als Profi kennst du natürlich den Alltag aus der Bundesliga, allerdings ist solch ein großes internationales Turnier nochmals eine Stufe höher zu stellen.

Es ist unglaublich, welch hohes Medieninteresse herrscht, und was für ein großer Aufwand rund um die Mannschaft entsteht. Aus der Sicht eines Spielers versucht man natürlich, all diese Dinge auszuschalten und sich nur auf das Sportliche zu konzentrieren.

Außerdem hat ja nicht nur die Handball-Nation Erwartungen an die Mannschaft, sondern auch jeder einzelne Spieler hat sich etwas vorgenommen. Und du versuchst, diesen Erwartungen gerecht zu werden. Dadurch darf man sich allerdings nicht zu verrückt machen lassen, ansonsten leidet nicht nur die eigene Leistung, sondern auch die der Mannschaft.

Bei mir war es im Januar ja so, dass wirklich alles ganz schnell ging, da ich nachnominiert worden bin. Schon einen Tag nach meiner Ankunft hatten wir ein K.o.-Spiel gegen Dänemark. Daher blieb nicht wirklich viel Zeit, mir Gedanken darüber zu machen, was passieren würde, wenn ...

Sobald man als Spieler in den Bus

steigt und es in Richtung Halle oder Stadion geht, ist man in einem Tunnel. Du fokussiert dich nur noch darauf, welche Aufgaben dir dein Trainer mit auf den Weg gegeben und was er in den Besprechungen gesagt hat. Alles andere um dich herum vergisst du.

Da die EM im Januar ja mein erstes großes internationales Turnier war, versuchte ich mich ein wenig an den erfahreneren Spielern zu orientieren, da diese dir auch die Last von den Schultern nahmen. Wir konnten uns sehr schnell in einen Rausch spielen - und es war unfassbar, auf was für einer Euphoriewelle wir getragen worden sind.

Gerade bei jungen und unerfahrenen Spielern ist es so, dass man zu fast allen Dingen auf dem Spielfeld fähig ist, wenn die Mannschaft einen Lauf hat. Und genau diesen Schwung wünsche ich auch unserer Fussball-Nationalmannschaft in ihrem ersten Spiel am Sonntag gegen die Ukraine. Und vielleicht sorgt dann ja schon der ein oder andere Neuling im DFB-Team für eine Überraschung.

Mein Tipp: 3:0 für Deutschland.

Julius Kühn (23), in Duisburg geboren, sorgt beim VfL Gummersbach und im Nationalteam für Tore aus dem Rückraum.

(RP)
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