Guter Geist im DFB-Team Der ewige Prinz Poldi

Evian-Les-Bains · 2004 ging der Stern von Lukas Podolski auf. Das Turnier in Frankreich ist seine vierte Europameisterschaft.

Lukas Podolski – kölsche Jung, Stimmungskanone, Weltmeister
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Das ist Lukas Podolski

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Foto: ap

Lukas Podolski ist ein viel beschäftigter Mann in diesen Tagen. Der Deutsche Fußball-Bund schickt ihn im Medienzentrum von Evian-les-Bains auf die Bühne, damit da auch mal gelächelt wird. Er kann auf polnische Fragen polnisch antworten, und er übersetzt das dann bereitwillig ins Deutsche. Und er ist seit vielen Jahren der gute Geist in der Nationalmannschaft.

Er mag es nur nicht, wenn er auf die Rolle der Stimmungskanone reduziert wird. Da kann auch der fröhliche kölsche Jung mit den polnischen Wurzeln wunderbar grantig werden. Er spricht dann mit sehr lauter Stimme und strengem Blick. Er sagt kurze Sätze wie: "Ich bin nicht als Maskottchen hier. Ich habe in der Türkei eine gute Saison gespielt mit 50 Spielen. Ich bin topfit. Wenn der Trainer mich braucht, dann bin ich da." Und dann hat er doch wieder die Lacher auf seiner Seite, wenn er zu einem Video befragt wird, das Joachim Löw in ein etwas unvorteilhaftes Licht rückt.

Im ersten Spiel hat Löw den Rekordspieler in seinem Aufgebot (128 Einsätze) schon mal nicht gebraucht, zumindest nicht auf dem Platz. Podolski kann aber sicher sein, "dass der Trainer weiß, wo meine Qualitäten liegen und wo nicht. Wir wissen, was wir aneinander haben". Das ist der wesentliche Grund für die neuerliche Berufung. Seit zwölf Jahren arbeiten die beiden bei der Nationalmannschaft zusammen, zwei Jahre war Löw Assistent von Jürgen Klinsmann. Gemeinsam erlebten sie das Sommermärchen von 2006, das WM-Turnier, in dem sich Deutschland vor den Augen der Welt neu erfand, nicht nur im Fußball. Podolski hatte daran maßgeblichen Einfluss. Mit dem beinahe gleichaltrigen Bastian Schweinsteiger wurde er zum jugendlichen Aushängeschild einer neuen Nationalmannschaft. "Schweini" und "Poldi" waren die Marke neben dem Sommermärchen.

Beide sind seit Klinsmanns Zeiten feste Größen, seit Löws Beförderung zum Chef nach dem Turnier in Deutschland erst recht. Podolski war der erfolgreiche Stürmer in Löws frühen Bundestrainer-Jahren. Er erzielte 2008 bei der EM in Österreich und der Schweiz beide Treffer im Auftaktspiel gegen sein Geburtsland Polen, und weil er im gesamten Turnier groß aufspielte, wählten ihn die Uefa-Experten ins Allstar-Team. Podolski war ganz oben. Da blieb er bei der WM in Südafrika, als Deutschland mit großem Fußball Dritter wurde, und bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine. Bei der Gruppen-Partie gegen die Dänen (2:1) machte er sein 100. Länderspiel. Er war der jüngste Nationalspieler im Hunderter-Klub. Und er schoss in dieser Begegnung sein 44. Tor für Deutschland. Die offizielle Jury wählte ihn zum Spieler des Spiels.

Doch so langsam setzte sein Stern zum Sinkflug an. Während aus seinem vermeintlichen Zwilling "Schweini" der große Stratege Schweinsteiger wurde, blieb "Poldi" einfach "Poldi", ein Stürmer, dem Köln zuverlässig zu Füßen lag, der sich bei den großen Klubs aber zunehmend schwer tat, und der in der Nationalmannschaft an fußballerischem Einfluss verlor. Es wurden weniger Einsatzzeiten, völlig überzeugend waren bald nur noch seine Auftritte als fröhliches, ungehemmtes Kerlchen bei Medienterminen oder als nie versiegender Quell der Freude in der Mannschaft. Auf diese Weise trug er zum WM-Titel bei, obwohl er nur 53 Minuten in zwei Spielen auf dem Platz stand.

Auch die EM in Frankreich verheißt nicht unbedingt viel mehr Spielzeit. Der Stammplatz auf der linken Seite ist für andere reserviert, in Löws Team-Hierarchie ist er auf dieser Position nur noch die Nummer drei. Das bringt ihn nicht aus dem seelischen Gleichgewicht. Podolski versichert glaubwürdig: "Ich freue mich, hier zu sein. Natürlich ist in den vergangenen zwölf Jahren nicht alles glatt gelaufen in der Nationalmannschaft und in den Vereinen. Aber das ist so im Sport. Es ist mein siebtes großes Turnier, darauf bin ich stolz."

Die Erfahrung aus zwölf Jahren DFB-Auswahl und 128 Länderspielen verleiht ihm Autorität. Nicht nur Löw und Podolski, sondern auch die Mitspieler und die Öffentlichkeit wissen, was sie aneinander haben. Deshalb kann er mahnen: "Wir müssen früher den Abschluss suchen. Das war gegen die Ukraine noch nicht so gut." Er klingt ein bisschen wie ein Trainer.

Mit 31 Jahren darf er das. So richtig am Ende seiner Karriere fühlt er sich aber nicht. Und das sagt er ebenfalls, als er auf seine körperliche Verfassung angesprochen wird. "Ich bin bereit", erklärt er, "man wird sehen wie das ist in den nächsten Spielen und in den nächsten Jahren." In seinem Alter von Jahren zu sprechen, ist mutig. Das weiß er natürlich.

Deshalb spricht er ebenso gern über das Naheliegendere. Über Schweinsteigers Hochzeit zum Beispiel. "Ich habe noch keine Einladung, aber wenn ich eingeladen werde, bin ich da", sagt er, "sonst bin ich in Köln unterwegs." Dazu gibt's das typische "Poldi-ich-bin-gut-drauf-Gesicht" - gratis. Zum Glück hat niemand die Frage mit dem Maskottchen gestellt.

(pet)
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