Erster Einsatz für Schalker? Sane kann den Unterschied ausmachen

Evian · Bisher hat der Schalker Leroy Sane noch keine Sekunde bei der EM gespielt. Im Halbfinale gegen Gastgeber Frankreich könnte sich das ändern.

Joachim Löw hat das vorsichtshalber schon mal am Anfang gesagt: "Alle Spieler haben mein volles Vertrauen. Ich habe keine Bedenken, sie jederzeit einsetzen zu können." Das war damals, als die EM so gerade zu laufen begann, als es zwar ein paar Ungewissheiten um den Fitnesszustand älterer Menschen im Aufgebot des Bundestrainers gab, als ein fester Stamm aber längst gefunden schien. Es hörte sich deshalb so an, als wolle der Coach den Kollegen in der zweiten und dritten Reihe ein bisschen dabei helfen, den nicht immer hoch befriedigenden Alltag eines Profis ohne ernsthafte Aussicht auf einen Einsatz beim Turnier zu überstehen.

Die Sperre von Verteidiger Mats Hummels, der Ausfall von Stürmer Mario Gomez, die Verletzungen der zentralen Mittelfeldspieler Sami Khedira und Bastian Schweinsteiger lassen Löws Erklärung nun in einem völlig anderen Licht erscheinen. Er muss möglicherweise Spieler aus der Abteilung Trainingsgruppe morgen im Halbfinale der EM gegen Frankreich einsetzen. Emre Can und Julian Weigl sind Kandidaten für das Mittelfeld. Das hat Löw sogar freimütig bestätigt. Aber gegen die Franzosen könnte auch die Stunde von Leroy Sane schlagen.

Der Bundestrainer hat das Talent des Schalker Stürmers, der derzeit intensiv von Manchester City umworben wird, in den so gern zitierten 1:1-Situationen bereits vor dem Turnier mehrmals hervorgehoben. Sanes Tempo könnte ein Mittel gegen Frankreichs Linksverteidiger Patrice Evra sein, der im biblischen Fußballeralter von 35 Jahren für Sprintüberfälle anfällig sein könnte. Bislang hat sich der 15 Jahre jüngere deutsche Außenstürmer aber mit dem Ernstfall eines EM-Einsatzes wahrscheinlich noch nicht beschäftigt.

Leroy Sane bei der EM 2021: Ruhrpott-Junge in der Premier League  - Portrait
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Die Aussicht war ja auch nicht groß. Das konnte er an Löws hingebungsvoller Lobhudelei für jene Spieler ablesen, deren Europameisterschaft bisher darin bestand, ordentlich zu trainieren und die Reisen zu den Spielen mitzumachen. "Ich möchte keinen dieser Spieler missen", sagte der oberste Übungsleiter der Nation vor dem Viertelfinale gegen Italien, "sie halten das Niveau im Training unheimlich hoch. Das zeugt von der unheimlichen Charakterstärke dieser Spieler. Da lagen wir bei der Nominierung goldrichtig. Ich bin schon auch wahnsinnig glücklich mit jedem Einzelnen dieser Spieler." Klartext: "Toll, dass ihr uns im Alltag helft, mitspielen könnt ihr leider nicht."

Nun zahlt sich vielleicht aus, dass die Nachwuchsspieler den verständlichen Frust über ihre Rolle durch professionellen Ehrgeiz im Training ausgeglichen haben. Sie sind jedenfalls topfit. Selbst Manager Oliver Bierhoff widerspricht dem Eindruck, "dass wir nach den Ausfällen eine Rumpfmannschaft haben. Wir haben Spieler hinten dran, die sofort bereit sind, sie haben ihre Qualität in der Liga und in der Nationalmannschaft bewiesen".

Patrick Battiston stellt die Franzosen vor
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Foto: afp, lab/dlb/BF

In einem Halbfinale bei einer Europameisterschaft haben sie allerdings noch nicht gestanden. Das muss sie nicht hemmen. Sanes eigene Geschichte beweist das. Er gab sein Debüt in der Champions League im Achtelfinale in der großen Fußball-Oper des Bernabeu-Stadions. Mit einem beträchtlichen Mangel an Lampenfieber hämmerte er Real Madrids Torwart-Denkmal einen Weitschuss in die Maschen. Und nach den fröhlichen Dribblings des damals 19-Jährigen hatten die Fußball-Agenten Europas ein neues Spekulationsobjekt. Inzwischen winken die Scheichs von Manchester City mit einer Ablösesumme von 50 Millionen Euro. Durch ein EM-Halbfinale würde Sane sicher nicht billiger.

(pet)
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