Donnerwetter für den Weltmeister Völlig verhagelter EM-Test: 1:3 gegen die Slowakei

Seit 1978 hatte es bei Länderspielen der deutschen Nationalmannschaft keinen Spielabbruch mehr gegeben. Das blieb bis Sonntag so, aber ein Unwetter in Augsburg hätte den vorletzten Test des Weltmeisters vor der Europameisterschaft beinahe bereits zur Pause beendet.

Deutschland - Slowakei: Bilder des Spiels
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"So etwas habe ich auch noch nicht erlebt, vor allem eine so lange Halbzeitpause. Zum Glück gab es keine Verletzungen", sagte Löw kurz nach dem Spiel in der ARD.

Über 90 Minuten half das Team von Bundestrainer Joachim Löw der Slowakei kräftig bei einem Achtungserfolg. Zwei Wochen vor dem EM-Auftakt gegen die Ukraine unterlag die DFB-Auswahl mit 1:3. Obwohl Löw auf zahlreiche Stammkräfte verzichtete, war es eine ernüchternde Vorstellung.

"Vielleicht war es gar nicht so schlecht, in so einer Situation mal unter solchen Bedingungen zu spielen", sagte Mario Götze in der ARD: "Wir kriegen blöde Gegentore, das darf nicht passieren. In der zweiten Halbzeit war es unter den Umständen natürlich schwer." Leroy Sane sagte nach seinem zweiten Länderspiel: "Der Platz war unter Wasser. Aber damit müssen wir auch klarkommen."

Marc-Andre ter Stegen kassiert Slapstick-Tor gegen die Slowakei
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Ter Stegen kassiert Slapstick-Tor gegen die Slowakei

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Foto: ap, MS, FO

Er selbst zeigte sich selbstkritisch: "Für mich war heute mehr drin, ich habe nicht alles gegeben. Ich hoffe trotzdem, dass ich dabei bin." Weigl sagte: "Ich habe mir ein anderes Debüt vorgestellt. Ich habe versucht, alles reinzuwerfen und aus dem Platz das beste zu machen. Ob es gelungen ist, müssen andere beurteilen."

Schon die eigentlich ganz gute erste Halbzeit passte ins Bild. Bernd Leno bekam bei seinem Debüt in der A-Nationalmannschaft zwei Bälle aufs Tor, zweimal landete der Ball im Netz. Sehenswert war vor allem der Treffer von Marek Hamsik. Lenos Vorderleute schauten freundlich zu, als er sich den Ball zurechtlegte und mit sattem Schuss in den Giebel traf. Der Leverkusener Schlussmann war ohne Chance.

Deutschland - Slowakei: Einzelkritik - Nur Gomez und Sane punkten
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Deutschland - Slowakei: Einzelkritik

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Bei der 2:1-Führung der Slowaken war er schon eher beteiligt. Filip Duris köpfte nach einem Eckstoß auf die vielzitierte kurze Ecke, weil ihn Joshua Kimmich gewähren ließ, und Leno bekam die Arme zu spät hoch. "Wir haben eine halbe Stunde gut gespielt, und zweimal nicht aufgepasst", urteilte DFB-Manager Oliver Bierhoff.

Tatsächlich war der Start der Deutschen vielverheißend verlaufen. Die Angreifer der DFB-Auswahl — allen voran Mario Gomez in der zentralen Spitze — sorgten für viel Bewegung, es gab gute Torchancen, und die Führung durch den Foulelfmeter von Gomez ging völlig in Ordnung. Löws Team musste sich allenfalls vorhalten lassen, ein bisschen lässig mit ihren Möglichkeiten umzugehen. Das entspricht inzwischen einer kleinen Tradition.

Bernd Leno muss bei Debüt bitteren Doppelpack hinnehmen
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Leno muss bei Debüt bitteren Doppelpack hinnehmen

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Es waren allerdings auch nur Ansätze von Kombinationsspiel, die Löws fröhlich zusammengewürfelte Mannschaft in der Anfangsphase bot. Es ging gut sortiert aus der Abwehr nach vorn, Tempo und Laufarbeit stimmten. Doch auch in dieser ersten guten Phase der Gastgeber offenbarte das Team in der Rückwärtsbewegung Schwächen.

Wenig verwunderlich, weil die Dreier-Abwehrkette mit Joshua Kimmich, Jerome Boateng und Antonio Rüdiger so noch nicht zusammengespielt hat. Häufig fehlte die Bindung zu den vorgezogenen Außenverteidigern Sebastian Rudy und Jonas Hector oder ins defensive Mittelfeld, in dem Sami Khedira zunächst allein tätig war. Die Slowaken hatten dadurch gelegentlich viel zu viel Platz.

Dann kam der große Regen und mit ihm eine deutlich längere Halbzeitpause, in der Schiedsrichter Serge Gumienny aus Belgien wartete, bis der Platz wieder einigermaßen bespielbar war. Dennoch hatte, was über weite Strecken nach dem Seitenwechsel geschah, mehr mit Wassertreten als mit Fußball zu tun.

Zur zweiten Halbzeit gab Löw Boateng die Kapitänsbinde. Schon vor dieser Geste war die Rückendeckung überwältigend, auch im Stadion war die Unterstützung für Boateng nach den diskriminierenden Aussagen des AfD-Politikers Alexander Gauland sichtbar, etwa auf Spruchbändern, die von den Zuschauern aufgehängt wurden: "Jerome, sei unser Nachbar!", stand auf einem zu lesen.

Den dritten Gegentreffer für den Weltmeister entschuldigten auch die extrem schwierigen Bedingungen auf der Augsburger Seenplatte nicht. Juraj Kuka nahm den Ball nach einer Ecke direkt, und der für Leno eingewechselte Marc-André ter Stegen ließ das Spielgerät durch die Hosenträger zum 1:3 ins Tor rutschen. Eine ziemlich peinliche Aktion.

Seine Kollegen versuchten ihr Glück weiter mit flachen, kurzen Pässen, die mal von den Pfützen gestoppt wurden, mal ins Aus rutschten. Spaß machte das nicht — nicht einmal dem Publikum, das sich zumindest darüber gefreut hatte, nicht nach 45 Minuten auf den Heimweg geschickt zu werden. Viele Zuschauer rannten trotzdem frühzeitig zu den Parkplätzen, als abzusehen war, dass die DFB-Auswahl auf keinen Fall noch eine Wende hinbekommen würde.

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