Hart erfüllt das Klischee Und immer patzt der englische Keeper

Joe Hart war ein großer Hoffnungsträger. Er sollte den Engländern Stabilität auf der Torhüterposition geben. Erfüllen konnte er die Erwartungen nie so richtig.

Diese Torhüter sahen unglücklich aus
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Foto: ap, AF FP

Als das ewig junge Klischee vom patzenden englischen Torhüter bereits im zweiten EM-Spiel bestätigt wurde, war das Internet schon Sekunden später voller Häme. "Flutschfinger - das Pauseneis für Joe Hart", war im Netz zu lesen, oder der etwas abgewandelte Spruch von Gary Lineker: "Fußball ist einfaches Spiel. 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach - und irgendwann fängt sich der englische Torwart eine Gurke."

Auch der "Titan" ließ kein gutes Haar an Joe Hart, nachdem dieser im Bruderduell gegen Wales (2:1) einen 30-Meter-Freistoß des walisischen Topstars Gareth Bale nicht hatte abwehren können. "Den muss er einfach halten", sagte Oliver Kahn im ZDF-Studio und ergänzte: "Warum stellt er da überhaupt eine Mauer? Macht er es nicht, hat er völlig freie Sicht, kann den Ball die ganze Flugbahn einschätzen und ihn halten."

Als ob Hart das deutsche Torwart-Idol gehört hätte, nahm er das Gegentor auf seine Kappe. "Ich bin der Bösewicht, es gibt heute genug Helden", sagte der 29-Jährige vom Topklub Manchester City - wohl wissend, dass ihm die Joker Jamie Vardy und Daniel Sturridge mit ihren Toren die Haut gerettet hatten.

WM 2010: Peinlicher Fehler von Robert Green
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Bei einer Pleite wären die englischen Zeitungen ganz sicher über den Keeper, der ab der kommenden Saison seinen neuen Klubtrainer Pep Guardiola überzeugen muss, hergefallen. So wie es der Boulevard in der Vergangenheit mit David Seaman, David "Calamity" James, Paul "Misses" Robinson, Robert Green oder Scott Carson gemacht hat. Und selbst der große Peter Shilton war nicht frei von groben Fehlern bei wichtigen Spielen - wie im WM-Halbfinale 1990 beim Freistoß-Tor von Andreas Brehme.

Eine ähnliche Bahnschranken-Figur machte Hart beim Bale-Freistoß. Doch allzu überraschend war der Fehler des Keepers, der mit den Citizens zweimal die Meisterschaft und einmal den FA-Cup gewonnen hat, nicht. Denn obwohl er im Gegensatz zu vielen seiner Vorhänger seine Nerven meist im Griff hat, konnte er auf allerhöchstem Niveau nie restlos überzeugen.

Trainer-Ikone Sir Alex Ferguson hat Hart als "besten englischen Torhüter seit 20 Jahren" bezeichnet, und dennoch: Weder im Trikot von Manchester noch im Dress der Three Lions war Hart, der sich seit der EM-Endrunde vor vier Jahren als englischer Stammkeeper bezeichnen darf, in den vergangenen Jahren fehlerfrei.

Der kapitale Bock des Scott Carson
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Dennoch ist Hart der erste englische Nationaltorwart seit Seaman (FC Arsenal), der bei einem Spitzenklub zwischen den Pfosten steht. Die Frage ist: wie lange noch? Wenn Guardiola seinen neuen Torwart mit seinem alten (Manuel Neuer) vergleicht, wird sich der Spanier vielleicht Gedanken über eine Neubesetzung zwischen den Pfosten machen.

(sid)
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