1:1 gegen England Russland schockt die Three Lions in der Nachspielzeit

Marseille · Dominant, erfrischend, erfolglos - England hat mit seiner jungen Mannschaft zum EM-Auftakt phasenweise begeistert, aber einen Sieg in letzter Minute verspielt.

EM 2016: Wassili Beresuzki gleicht gegen England in der Nachspielzeit aus
10 Bilder

Beresuzki gleicht gegen England in der Nachspielzeit aus

10 Bilder

Das 1:1 (0:0) gegen Russland in einer Begegnung, in dessen Vorfeld in Marseille schwere Krawalle losbrachen, lässt den Three Lions jedoch alle Chancen auf den Achtelfinaleinzug in der Gruppe B mit Wales und der Slowakei.

"Wir sind sehr enttäuscht, wir haben so toll gespielt, und dann solch ein spätes Gegentor. Das ist bitter. Immerhin haben wir nicht verloren", sagte Englands Torschütze Eric Dier.

Kurz nach dem Ausgleich durch Wassili Beresuzki (90.+2) und dem wenige Augenblicke später erfolgten Abpfiff gingen russische Randalierer auf englische Anhänger los. Die Fans der Three Lions drängten sich an den Rand ihres Blocks, kletterten über Zäune, einige versuchten, in den Innenraum zu flüchten.

Die russische Sbornaja, in zwei Jahren Gastgeber der WM, ließ das Spiel weitgehend teilnahmslos über sich ergehen. Die mangelnde Konsequenz der Engländer war das Glück des Außenseiters, bei dem der frisch eingebürgerte Roman Neustädter 78 Minuten spielte. Erst nach dem englischen 1:0 durch einen Freistoß von Dier (73.) bäumten sich die Russen auf, was durch Gluschakows Ausgleich in der zweiten Minute der Nachspielzeit belohnt wurde.

Kapitän Wayne Rooney hatte zuvor die beste englische Chance besessen - Torhüter Igor Akinfejew lenkte den Ball überragend an die Querlatte (71.).

Englands Co-Trainer Ray Lewington hatte zum Vergnügen der Boulevardpresse vorab versehentlich Teile der Aufstellung preisgegeben, die wirkliche Formation offenbarte Chefcoach Roy Hodgson eine Stunde vor dem Abpfiff. Rooney, das war die nationale Frage gewesen, spielte halblinks im Mittelfeld, Harry Kane von Tottenham Hotspur allein in der Spitze.

England macht von Beginn an Druck

Die Three Lions begannen aggressiver, erste Versuche von Lallana und Chris Smalling parierte der sichere Rückhalt Akinfejew (6./12.). Russland schaute eine Viertelstunde lang zu, dann wagte sich die Sbornaja zaghaft in die englische Hälfte. So bekam Torhüter Joe Hart von Manchester City auch mal den Ball zu fangen. Der Druck der Engländer stieg danach minütlich: Raheem Sterling wurde in letzter Sekunde geblockt (24.), Rooney versuchte es volley (34.).

Der alternde Star von Manchester United, 30, führte seine Kollegen, spielte anfangs kluge Pässe und eroberte mehrfach den Ball, dann tauchte er lange ab. Dadurch bekam Russland Zeit, sich etwas besser zu sortieren.

Dennoch vergingen 62 Minuten, ehe die Mannschaft von Trainer Leonid Sluzki erstmals gefährlich wurde. Ein Raunen ging durchs Stadion, als Stürmer Fjodor Smolow von Kuban Krasnodar einen Schlenzer mit rechts knapp neben das Tor setzte. Nun meldeten sich auch die russischen Fans lautstark zu Wort.

Die traurigen Schlagzeilen zum Spiel werden anderen gehören. Über Stunden war es am sonst so malerischen alten Hafen und vor dem Stade Vélodrome zu schweren Ausschreitungen gekommen, ein Mann aus England musste wiederbelebt werden. Er schwebt in Lebensgefahr. Es gab vier weitere Verletzte, sechs Personen wurden festgenommen.

Bilder der Ausschreitungen zwischen Hunderten aus England, Russland und Frankreich zeigen, wie Fans am Boden liegen, andere treten auf sie ein. Im französischen Fernsehen waren fliegende Stühle und Jagdszenen zu sehen.

Im majestätischen Stadion hingegen blieb es friedlich - und Roman Petrowitsch Neustädter sang unter Pfiffen der 40.000 Engländer vor dem Anpfiff Arm in Arm mit seinen Teamkollegen die russische Hymne. Der Defensivmann von Schalke 04, vom Staatspräsidenten Wladimir Putin höchstpersönlich per Schnellverfahren eingebürgert, bekam seine Chance und spielte ordentlich, ohne großen Einfluss zu nehmen.

(areh/sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort