Geheimfavorit scheitert an Portugal Kroaten ärgern sich über das "dümmste Spiel der Welt"

Kroatien trauert nach dem Achtelfinal-K.o. gegen Portugal der "größten Chancen dieser Generation" nach.

EM 2016: Luka Modric weint nach Aus gegen Portugal
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Modric weint nach Aus gegen Portugal

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Weit nach Mitternacht rang Ivan Rakitic noch immer um Fassung. "Ich habe noch nie so viel Trauer und Tränen gesehen", sagte der Mittelfeldstar nach dem schmerzhaften Achtelfinal-K.o. der Kroaten und schüttelte den Kopf: "Manchmal ist Fußball das einfachste Spiel, und manchmal ist es das dümmste Spiel der Welt."

Der Ex-Schalker fühlte sich nach dem 0:1 (0:0) nach Verlängerung gegen Portugal und Superstar Cristiano Ronaldo um die Chance seines Lebens gebracht. Der Weg ins Finale am 10. Juli im Stade de France war geebnet, seine "Feurigen" waren nach dem beeindruckenden 2:1 gegen Titelverteidiger Spanien kein geheimer Favorit mehr, alle Welt- und Europameister standen auf der anderen Seite des Spielplans — Kroatiens Goldene Generation mit Champions-League-Sieger Luka Modric und dem vermeintlich besten Mittelfeld der EM schien ihrer Krönung entgegenzustreben.

Doch dann — nach 116 Minuten eines quälend langweiligen, unfassbar ereignislosen Schwergewichtskampfes im Stade Bollart-Delelis in Lens — kam der Niederschlag wie aus dem Nichts. Ricardo Quaresmas Kopfballtor nach dem ersten Torschuss des Spiels durch Ronaldo zerstörte alle Hoffnungen. Modric, Rakitic und Co. bleiben ein uneingelöstes Versprechen.

"Uns allen war bewusst, dass es die größte Chance dieser Generation war", sagte Abwehrspieler Vedran Corluka und sprach aus, was seine Teamkollegen nur dachten. Die wohl unwiederbringliche Gelegenheit, aus dem Schatten der legendären WM-Dritten von 1998 mit Torjäger Davor Suker zu treten, war verspielt. Mit einer Mischung aus Angst vor der eigenen Courage und Ratlosigkeit angesichts der sturen Defensivtaktik der Portugiesen.

"Die bessere Mannschaft fährt nach Hause", behauptete Rakitic — und es fiel schwer, ihm zu widersprechen. Die Eindrücke der Vorrunde ließen keinen Zweifel an dieser Einschätzung. Was die 33.523 Zuschauer in Lens in 120 Achtelfinalminuten erlebten, warf allerdings die Frage auf: Wie will man weiterkommen, wenn der Ball nicht ein einziges Mal aufs gegnerische Tor kommt? Ein Kopfball von Ivan Perisic an den Pfosten Sekunden vor dem Knockout und ein Schuss von Domagoj Vida in der Nachspielzeit der Verlängerung neben das Tor waren die einzigen gefährlichen Annäherungen an das Ziel in zwei Stunden Anti-Fußball.

Er glaube nicht, dass es die letzte Chance seiner Generation war, behauptete indes Modric. Der Mittelfeldmotor von Real Madrid, wie Stürmer Mario Mandzukic, Corluka, Torhüter Danijel Subasic und Kapitän Darijo Srna jenseits der 30, redete sich ein: "Es wird für uns noch Gelegenheiten geben. Wir werden sehen, was kommt, aber ich glaube, dass wir noch Zeit haben, uns zu beweisen."

Direkt nach dem Schlusspfiff schien Modric noch anderer Meinung gewesen zu sein. Während seine Teamkollegen auf den Rasen sackten oder regungslos ins Leere starrten, schossen dem Real-Star die Tränen in die Augen. Es dauerte einige Minuten, bis er die Fassung wiedergewonnen hatte. Sein Mittelfeldkollege Rakitic ärgerte sich noch deutlich länger über "das dümmste Spiel der Welt".

(sid)
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