Blamage gegen Georgien Hohn und Spott für Spanien - Casillas droht die Bank

Paris · Nach der 0:1-Blamage gegen Fußball-Zwerg Georgien im letzten EM-Testspiel erntete Titelverteidiger Spanien Hohn und Spott. Nur Trainer Vicente del Bosque verbreitete tapfer Zuversicht

EM-Test: Spanien unterliegt Georgien mit 0:1
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Spanien unterliegt Georgien mit 0:1

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Drastischer hätte die Kritik an Spaniens blamierten Europameistern kaum ausfallen können. "Du sollst dich nicht ablenken lassen", schrieb die Sportzeitung Marca auf ihrer Titelseite dem Ex-Weltmeister nach dessen 0:1-Desaster gegen Zwerg Georgien gleich mehr als zwei Dutzend Mal ins Stammbuch. Wie dumme Schuljungen wurden die hochbezahlten Profis von der spanischen Sportpresse abgekanzelt, bevor sie sich auf den Weg zu ihrem EM-Quartier auf der Ile de Re machten - im wahrsten Sinne des Wortes reif für die Insel.

Das Publikum in Getafe, das sich auf einen entspannten Abend mit vielen Toren gefreut hatte, traute seinen Augen nicht. Schablonenhaft und uninspiriert rannten die Gastgeber gegen das Abwehrbollwerk des Weltranglisten-137. an. Und als Tornike Okriaschwili in der 42. Minute für die Gäste traf, war die verpatzte spanische EM-Generalprobe perfekt.

Noch vor einer Woche hatte "La Roja" das Team Südkoreas mit 6:1 deklassiert. Und mit Blick auf dieses Resultat und dem Hinweis, dass man seit März 2015 ungeschlagen geblieben war, verbreitete Trainer Vicente del Bosque tapfer Zuversicht. "Wir haben ein Kontertor eingefangen, aber wir haben nicht fürchterlich schlecht gespielt. Wir waren diesmal nur nicht in der Lage, eine sehr gut organisierte Deckung zu knacken", sagte der 65-Jährige vor der Abreise zur EM-Endrunde nach Frankreich.

Einen Fingerzeig gab del Bosque, was die viel diskutierte Torhüterfrage anging: Nicht Rekordnationalspieler und Kapitän Iker Casillas stand zwischen den Pfosten, sondern David de Gea von Manchester United. Noch nie hatte del Bosque im letzten Testspiel vor einem Turnier einen anderen Keeper aufgestellt als im Ernstfall.

Mischung aus Routiniers und Newcomern

Im ersten Vorrundenspiel am 13. Juni (15.00 Uhr/ARD) in Toulouse gegen Ex-Europameister Tschechien wird sich zeigen, ob del Bosque die richtige Mischung aus Routiniers und Newcomern auf den Platz bringt. Zwar nominierte der Coach immerhin zehn EM-Neulinge für seinen Kader, doch auch fünf Europameister von 2008 gehören nach wie vor zum spanischen Aufgebot. Erinnerungen wurden wach an die desaströse WM-Endrunde 2014 in Brasilien, der seinerzeit amtierende Weltmeister schied bereits in der Vorrunde nach Niederlagen gegen Chile und den Niederlanden aus.

Doch auch angesichts weiterer starker Vorrundengegner wie Kroatien und der Türkei weigerte sich del Bosque, seine hochgesteckten Ziele mit der spanischen Mannschaft herunterzufahren: "Im Sport muss man Ergebnisse akzeptieren. Aber unsere Niederlage sollte und wird nicht dazu führen, dass wir ängstlich zur EM fahren."

Denn mit einem Misserfolg seine Trainerkarriere beenden, das möchte der ehemalige Nationalspieler und langjährige Profi von Real Madrid auf keinen Fall. "Wir setzen uns keine Grenzen. Wir können doch nicht sagen, dass wir glücklich sind, wenn wir das Halbfinale erreicht haben", erklärte del Bosque in einem AFP-Interview.

Und auch Joachim Löw hat die Spanier ungeachtet ihres Ausrutschers gegen Georgien keineswegs abgeschrieben sieht in den Iberern nach wie vor einen höchst gefährlichen Kontrahenten: "Diese Mannschaft ist Extraklasse und spielt auf allerhöchstem Niveau. Testergebnisse bewerte ich nie so wie Spiele bei Turnieren."

Allerdings müssen die Spanier auf die Unterstützung ihres Edelfans Manolo verzichten. Der legendäre Trommler aus Valencia, mittlerweile 67 Jahre alt, muss aus gesundheitlichen Gründen erstmals seit 40 Jahren auf ein großes internationales Turnier verzichten.

(sid)
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