Mit Portugal im Finale Ronaldos Motto: Schwach starten, mit Knall aufhören

Cristiano Ronaldo greift nach seinem ersten Titel mit Portugal. Der Superstar will am Sonntag Freudentränen vergießen. Denn das ganze Land verdiene den Triumph.

Cristiano Ronaldo steht in der Luft und köpft ein
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Ronaldo steht in der Luft und köpft ein

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Stolz und mit großer Entschlossenheit in den dunklen Augen entschwand Cristiano Ronaldo in die Nacht. Hier noch ein Scherz mit einem Journalisten, dort noch schnell eine Umarmung für die Familie, dann machte er sich auf den Weg Richtung Paris, zum Endspiel dieser EM, das nichts Geringeres werden soll als seine Krönung. "Ich habe immer davon geträumt, etwas mit Portugal zu gewinnen", sagte er voller Pathos, "ich verdiene es, Portugal verdient es, die Fans verdienen es, jeder Portugiese verdient es."

Ein Sieg trennt Ronaldo nach dem 2:0 (0:0) gegen Gareth Bale und dessen wackere Waliser noch davon, seine Karriere endlich vollendet erscheinen zu lassen. Drei Champions-League-Triumphe, vier Meisterschaften, drei Pokalsiege - im Vereinsfußball hat er alles abgeräumt. Doch der 31-Jährige dürstet nach einem Titel mit der Selecço und den damit verbundenen Emotionen: "Der EM-Titel ist etwas, das ich wollte, nachdem ich die Champions League gewonnen hatte. Ich hoffe, ich weine am Sonntag Freudentränen."

Neben dem Platz gibt sich "CR7" entspannt

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Der Offensivstar von Real Madrid geht die Jagd nach seinem großen Ziel aber keineswegs verkrampft an, sein Erfolgsgeheimnis liegt in der Lockerheit. Vor dem Halbfinale posierte er lächelnd für ein Selfie mit einem Tänzer aus dem Vorprogramm, einen weiteren, der nicht vom Rasen wollte, ließ er mit auf das Mannschaftsfoto kurz vor dem Anpfiff. Zwischen den Spielen entspannt er beim Online-Poker oder Darts.

Ronaldo gibt sich gelassen, er ist aber bereit für große Taten. Den erlösenden Führungstreffer gegen Wales erzielte er per Kopf (50.), das zweite Tor durch Nani legte er drei Minuten später auf. Dass er mit seinem neunten EM-Tor zum Franzosen Michel Platini aufgeschlossen hat, erfüllt ihn "mit Stolz".

Rekorde seien immer schön, er habe schon viele gebrochen und werde noch mehr brechen, erklärte Ronaldo mit einem Strahlen in den Augen gewohnt selbstbewusst. Aber er sagte eben auch: Die Rekorde kämen automatisch, "entscheidend war, dass wir ins Finale eingezogen sind".

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Foto: AFP/THANASSIS STAVRAKIS

Dort standen sie vor zwölf Jahren schon einmal - im eigenen Land, in Lissabon. Gegen den Außenseiter Griechenland gab es eine bittere 0:1-Niederlage für die Goldene Generation der Portugiesen. Der damals 19-jährige Ronaldo hockte nach dem Schlusspfiff tränenüberströmt auf dem Rasen. Weltstar Luis Figo legte seinen Arm tröstend um seine Schulter.

Trost will Ronaldo am Sonntag in St. Denis keinen bekommen. "Jetzt ist es anders. Das war mein erstes Finale, mein Debüt. Jetzt sind zwölf Jahre vergangen", sagte er.

Erst zwei Jahre sind seit dem Amtsantritt von Trainer Fernando Santos vergangen: Er misslang im Oktober 2014 mit einem 1:2 - in St. Denis, gegen Frankreich, doch es war ein offensichtlich wegweisender Abend. "Ich und die Spieler haben uns das Ziel gesetzt, zwei Jahre später wieder hier zu sein. Wir sind seitdem eine große Einheit. Und wir haben unser Ziel erreicht", sagte der 61 Jahre alte Santos.

Glückwünsche zum Finaleinzug wehrte Santos ab. "Ich möchte, dass sie mir nach dem Finale gratulieren", erklärte er: "Jemand hat einmal zu mir gesagt: Es geht nicht darum, ein Finale zu spielen - sondern es zu gewinnen." Und es geht dabei nicht um einen Schönheitspreis. Der Sieg mit dem starken Dortmunder Raphael Guerreiro und dem schwachen Münchner Renato Sanches gegen Wales war glanzlos, zudem der erste bei dieser EM nach 90 Minuten. Aber: egal!

"Es ist immer besser, schwach zu starten und mit einem Knall aufzuhören. Vielleicht hat das Turnier nicht so gut begonnen, wie wir es wollten. Aber das ist kein 100-m-Rennen, sondern ein Marathon. Jetzt ist es nur noch ein Schritt", sagte Ronaldo. Aufhalten lassen will er sich nicht mehr.

(sid)
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