Frankreich unter Druck Aus dem Außenseiter Island wird der Angstgegner

Island lauert, Frankreich zittert: Der Außenseiter will der Grande Nation ein Bein stellen. Und die versucht, die Kleinen groß zu reden.

Dimitri Payet poliert Antoine Griezmann die Schuhe
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Payet poliert Griezmann die Schuhe

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Lars Lagerbäck legte noch einmal den Finger in die Wunde. "Von den Franzosen wird enorm viel erwartet", sagte der Fußball-Nationaltrainer der Isländer mit fester Stimme. Sollten die EM-Gastgeber seine Mannschaft, den krassen Außenseiter, im Viertelfinale am Sonntag (21.00/Live-Ticker) im Stade de France nicht besiegen, "oh das wäre nicht gut ...", ergänzte er. Frankreichs Trainer Didier Deschamps dürfte das die Zornesröte ins Gesicht treiben.

Freie Tage sind Gift für die Grande Nation

Seit dem vergangenen Sonntag hat die Equipe tricolore auf dieses Spiel warten müssen. Seit Montag steht fest, dass der Gegner der Sensations-Neuling Island ist. Die freien Tage sind Gift für die Grande Nation, für die nur der Titel im eigenen Land zählt. Mit jeder Stunde, mit jeder neuen Kampfansage der Wikinger wachsen die Zweifel. Aus dem Glücklos Island ist plötzlich ein kleiner Angstgegner geworden.

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Foto: afp

"England stand unter einem so extremen Druck, dass sie gegen uns verloren haben. Für Frankreich ist es genau dasselbe", sagte der zweite Trainer der Nordmänner, Heimir Hallgrimsson. Damit nicht genug, der verschmitzte Hallgrimsson stichelte ein wenig, als er ergänzte: Das Spiel gegen Frankreich sei das "wichtigste Spiel" der isländischen Fußball-Geschichte, "und das Spiel, das danach kommt, wird dann wieder das wichtigste sein". Das Spiel danach!

Doch selbst, wenn Island ausscheiden sollte, "dann würde sich die Welt bestimmt nicht aufhören zu drehen", sagte Hallgrimsson: "Das ist unser großes Plus."

Ein Vorteil, den die Franzosen nicht haben. "Wir müssen ins Halbfinale kommen, und wir dürfen den Gegner auf keinen Fall unterschätzen", forderte Abwehrspieler Patrice Evra. Die Engländer hatten das im Achtelfinale beim 1:2 ganz offensichtlich getan. Sie gingen gegen die wie besessen spielenden Isländer unter (1:2) - und sie bekamen seitdem nur Hohn und Spott zu hören. "Wenn wir Island schlagen, spielen wir gegen Deutschland oder Italien. Glück nenne ich das nicht. Wir dürfen nicht in diese Falle tappen", sagte Evra.

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Frankreich - Irland

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Franzosen sind der klare Favorit

Deschamps muss deshalb einen Balanceakt bewältigen. Die Franzosen, die am Sonntag zum 80. Mal in ihrem Nationalstadion in St. Denis auflaufen, sind der klare Favorit, und so müssen Dimitri Payet, Antoine Griezmann und all die anderen, die zu Nationalhelden werden wollen, auch spielen. Sich wie der sichere Sieger fühlen, ist streng verboten. Aus dem Trainingszentrum in Clairefontaine drang am Freitag deshalb nur wenig nach außen.

Griezmann, mit drei Toren der treffsicherste Franzose, verkleidete sich kurz vor dem Spiel als Pirat, er postete bei Twitter eine digitale Collage von sich als der berühmte Captain Jack Sparrow. Die Zeitung Le Parisien zeigte ein paar Bilder von äußert entspannten Spielern, allerdings ohne genaue Angabe, wann genau die Aufnahmen von Olivier Giroud beim Lesen und Paul Pogba beim Kartenspielen gemacht wurden. Es sieht ein bisschen aus wie gespielte Entspannung.

Sollte es zur nächsten Sensation kommen, wird sogar Islands neugewählter Staatspräsident Gudni Johannesson bei den das ganze Stadion erschütternden Fangesängen mitgrölen. "Warum sollte ich im VIP-Raum sitzen und Champagner trinken?", fragte der 48-Jährige. "Nein, ich werde im Pulk mit den Fans stehen, mit meinem isländischen Nationalmannschaftstrikot am Leib. Und bei allem Respekt vor Frankreich: Sie sollten uns nicht unterschätzen."

(old/sid)
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