EM 2016 Cristiano Ronaldo: Feindbild - aber auch Wohltäter

Lens · Es ist einfach, Cristiano Ronaldo zu hassen. Dabei ist Portugals eitler Superstar viel mehr, als man vermutet.

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Foto: dpa, gh

Eigentlich muss sich Portugal keine Sorgen machen vor dem Spiel gegen Kroatien. Eigentlich müsste Cristiano Ronaldo dieses Achtelfinale am Samstag (21 Uhr/Live-Ticker) ganz alleine entscheiden. Denn der Hass der anderen mache ihn "unaufhaltsam", hat der Superstar einmal gesagt. Und davon schlägt ihm während dieser EM mal wieder jede Menge entgegen.

Ein "arroganter Fatzke" sei Ronaldo, "weinerlich", "launisch wie ein verzogenes Kind", schreibt Europas Presse. In den sozialen Netzwerken wurde es noch etwas deutlicher. Und der Mann von Real Madrid tat zuletzt ja selbst einiges dafür, dass er schlecht dasteht.

Vielleicht ist all das dennoch ungerecht. Denn wenn Ronaldo sich mal nicht affektiert in Pose wirft, mal keine Reporter-Mikros ins Wasser schleudert, mal keine tapfer kämpfenden Isländer beleidigt - dann ist dieser ziemlich eitle Pfau eigentlich ein ziemlich netter Kerl. "Der Rest der Welt schaut geradezu besessen auf sein Image und sein Aussehen, wie er Tore bejubelt und damit umgeht, wenn etwas schiefläuft. Ich sehe nur einen Spieler, der immer sein Bestes geben will", schreibt Ex-Real-Trainer Carlo Ancelotti in einer Kolumne für die britische Tageszeitung "The Telegraph".

Geschichten über die andere Seite des dreimaligen Weltfußballers mögen weniger populär sein, dennoch gibt es unzählige davon. Auch Christoph Metzelder hat sie schon erzählt. Ronaldo sei nicht bloß "der größte und professionellste Spieler, den ich jemals erlebt habe", sagte sein langjähriger Real-Teamkollege dem Magazin 11Freunde: "Innerhalb der Kabine ist er ein Spaßvogel. Ob Zeugwart, Busfahrer oder Mitspieler - alle werden von ihm gleich behandelt." Für Fans nimmt sich Ronaldo meist ohnehin viel Zeit.

Doch nicht nur diese eher kleinen Gesten zeigen, dass Ronaldo tatsächlich viel mehr ist, als eine Diva. Der Mann aus ärmlichen Verhältnissen wurde erst im vergangenen Jahr von der Charity-Organisation DoSomething.org zum dem Sportler gekürt, der weltweit am meisten für wohltätige Zwecke investiert.

Ronaldo unterstützt Hilfsprogramme von Unicef, World Vision und Save the Children. Er verkauft Trophäen, wie etwa seinen Goldenen Schuh im Jahr 2011, um die Erlöse weiterzugeben. Nach seinem Champions-League-Triumph mit Real Madrid vor wenigen Wochen landete sein 600.000-Euro-Bonus im Spendentopf.

Und auch ganz unmittelbar hat der alleinerziehende Vater schon mehrfach geholfen. So wurde er vor gut zwei Jahren mal um ein Trikot gebeten, es sollte versteigert werden. Ein zehn Monate altes Baby litt an epileptischen Anfällen, die 60.000 Euro teure Operation überstieg die Möglichkeiten der Eltern bei weitem - doch Ronaldo schickte kein Trikot. Er übernahm die kompletten Kosten.

Natürlich sind diese Summen für Ronaldo kaum der Rede wert. Natürlich verdient er solche Beträge in einer Woche. Aber er nutzt diese Möglichkeiten eben auch. Sein Vater, sagt Ronaldo, habe ihm eines beigebracht: "Hilf anderen, dann wird Gott es dir doppelt danken". Für ihn habe sich das in seiner Karriere bestätigt.

Und vielleicht gelingt dem Stürmer ja auch gegen Kroatien wieder eine One-Man-Show, wie zuletzt gegen Ungarn (3:3). Vielleicht reißt sich Ronaldo dann wieder das Trikot vom Leib, präsentiert seinen durchtrainierten Körper. Tattoos wird man dann übrigens nicht sehen, Ronaldo verzichtet auf solche Körperbemalung. Es würde ihm die Möglichkeit nehmen, regelmäßig Blut zu spenden.

(old/sid)
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