Sieg in der Relegation Frankfurt vermeidet Verluste von 70 Millionen Euro

Nürnberg · Heribert Bruchhagen schnaufte in dieser Nacht mehr als einmal ganz tief durch. Der 67-Jährige rannte wie ein aufgezogenes Duracell-Häschen durch das Nürnberger Stadion, herzte und umarmte jeden, der sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte.

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Für den gebürtigen Düsseldorfer war es sein letzter großer Einsatz als Vorstandsvorsitzender von Eintracht Frankfurt. Es ging für ihn um einen vernünftigen Abgang nach 13 Jahren im Amt bei den Hessen - mit dem Klassenerhalt ist ihm das gelungen. "Es konnte nach den beiden Partien nur einen Sieger geben", sagte er. "Wir haben einfach verdient gewonnen und spielen zu Recht weiter in der Bundesliga."

Bruchhagen übergibt seinen Geschäftsbereich an Fredi Bobic — der soll bereits heute in der Mainmetropole vorgestellt werden. Bruchhagen findet, dass er einen "völlig intakten Verein, ein stabiles Gebilde" hinterlässt, deshalb sei auch die Zukunft "gefestigt". Das ist natürlich eine sehr wohlwollende Analyse der Situation eines Klubs, der gerade noch so den Absturz verhindern konnte. Bei einem Abstieg hätte ein hoher Verlust gedroht. Rund 30 Millionen Euro steht der Eintracht in der nächsten Spielzeit aus der nationalen TV-Vermarktung zu. Dazu kommen 5,4 Millionen aus dem internationalen Geschäft inklusive Zahlungen, weil die Hessen 2013/2014 in der Europa League mitspielten. Das Geld wäre nicht geflossen, wenn die Eintracht abgestiegen wäre. In Frankfurt hatte man vorsichtshalber das schlimmste anzunehmende Szenario durchgerechnet und ist auf einen Verlust von mehr als 70 Millionen Euro gekommen, die man langfristig beim Gang in die Zweite Liga hätte verkraften müssen.

Es geht auch um einen Wertverlust des Kaders. Das Team ist als Erstligist deutlich besser zu vermarkten als mit dem Makel des Abstiegs. Auf Bobic warten dennoch schwierige Aufgaben. Denn der Klub braucht dringend eine Verjüngungskur, der aufgeblähte Spieler-etat von mehr als 40 Millionen Euro muss schleunigst gesenkt werden. Das ist offenbar noch nicht bei allen angekommen. Sportdirektor Bruno Hübner schwärmte nach dem Klassenerhalt ausgelassen von Miroslav Klose. Er bekundete starkes Interesse an dem 37-Jährigen. Klose hat Lazio Rom nach fünf Jahren verlassen und will seine Karriere noch nicht beenden. Immerhin dämmerte es auch bei Hübner, dass es auf dem Weg zu einer Verpflichtung noch ein paar Hürden zu überspringen gilt: "Die Frage ist, ob wir den Deal auch finanziell stemmen können."

Das sind wiederum geringe Sorgen, wenn man sie mit der Situation von Marco Russ vergleicht. Beim Frankfurter Innenverteidiger war in der vergangenen Woche ein Tumor entdeckt worden. Am Montag, dem Tag der Entscheidung in der Relegation, wurde er operiert, im Hinspiel stand er noch auf dem Platz. "Er hat mir geschrieben, dass die OP gut gelaufen ist", verriet Trainer Niko Kovac. "Danke Jungs!!! Totgeglaubte leben länger!! Auf Euch!!!", schrieb Russ selbst bei Instagram. In den kommenden Wochen wird sich nach Gewebeuntersuchungen entscheiden, ob und wann der Verteidiger wieder auf den Platz zurückkehren kann. Für ihn geht es darum, wieder gesund zu werden. Ganz unabhängig von der Spielklasse. Alles andere ist nur Fußball.

(gic)
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