Kolumne: Gegenpressing Sehenswürdigkeit Stefan Effenberg

Düsseldorf · Paderborn liegt nun mitten in der großen Fußballwelt. Dafür wird Stefan Effenberg sorgen. Er hat sich als Nachrichtenquelle der bunten Blätter offenbar gelangweilt.

 RP-Sportchef Robert Peters.

RP-Sportchef Robert Peters.

Foto: Phil Ninh

Paderborn hat einen Dom, die Bartholomäuskapelle und die Universität. Das waren bislang die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der kleinen Großstadt in Westfalen. Seit dieser Woche gibt es eine Sehenswürdigkeit mehr. Der beinahe noch weltberühmte Stefan Effenberg trainiert den ortsansässigen Zweitligisten SC Paderborn, der es bisher nicht in den unumstrittenen Rang einer Sehenswürdigkeit gebracht hat. Vor allem seine fußballerischen Leistungen in dieser Saison waren nicht gerade sehenswert.

Effenberg wird das natürlich umgehend ändern. Zunächst hat er sich mal ins richtige Licht gerückt. So viel Zeit muss sein. Seine Berater hatten offenbar viel Fernsehen geschaut in der jüngeren Vergangenheit. Und ihnen imponierte, wie Jürgen Klopp, ganz sicher eine Sehenswürdigkeit, mit dem natürlich spontanen Satz "I am the normal one" zum Amtsantritt in Liverpool sogleich eine riesige Fanartikel-Industrie in Gang gebracht hat. Folglich legten sie ihrem Klienten den Satz "I am the new one" in den Mund. Und auch das fanden alle schrecklich spontan. Ob T-Shirts und Tassen mit dem Aufdruck nun in den Andenkengeschäften am Dom und in der Grube, der wichtigsten Einkaufsstraße, der große Renner sind, ist bisher nicht heraus.

Der Westfale an sich wird wahrscheinlich erst einmal mit leiser Irritation das bestimmt schön laute Treiben des einstigen Weltstars bestaunen. Er wird sich erinnern, dass der große Trainer nach seiner Karriere als Fußballer ein eindrucksvolles Werk in den bunten Magazinen und den Zeitungen mit den ganz großen Buchstaben hinterlassen hat. Einige werden ihn als bezahlten Besserwisser bei "Sky" erlebt haben. Ganz viele werden sich fragen, wo Effenberg seinem Hang zum weltstädtischen Freizeitvertreib künftig nachgehen will. Wohlmeinende haben ihm die Adressen hiesiger Gastronomen in vorauseilendem Gehorsam übermittelt.

Weil Effenberg zurzeit keinen Führerschein hat - den zogen böse Behörden ein, nachdem er auf der Wiesn eine oder zwei Maß zu viel gehabt hatte und natürlich nicht aufs eigene Auto verzichten wollte -, kann er sich zu Fuß sein eigenes Bild von der Wahlheimat in der Provinz machen. Nicht, dass er da keine Erfahrung hätte. Als er für Borussia Mönchengladbach spielte, zog er Niederkrüchten als Wohnstatt der Metropole Gladbach vor. Und er hat ja sogar mal im finsteren Wolfsburg unter Vertrag gestanden. Von da war es immerhin nicht weit bis Berlin, wenn der ICE denn mal anhielt.

Paderborn ist aber ganz bei sich, die Welt ist weit weg, und für den Glamour sorgt "Effe" allein. Das schreckt ihn nicht, weil er sich immer schon wichtiger fand als den Rest der Welt. Ob er das als Spieler zum Ausdruck bringt, als Semi-Promi der Boulevard-Magazine, Möchtegern-Funktionär beim Umsturzversuch in Mönchengladbach vor vier Jahren oder als Trainer, ist eigentlich gleichgültig. Jetzt also Paderborn. In einem leicht abgewandelten Erguss des wirklich sehr spontan agierenden Sprachartisten und Bunte-Blätter-Lieferanten Lothar Matthäus: "I wish you very much lucky."

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(RP)
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