Mehr als 30 Kilo leichter Pannewitz kämpft in Jena um eine letzte Chance

Jena/Berlin · Kevin Pannewitz hatte das Talent zu einer großen Fußballkarriere, allerdings fehlte im die nötige Disziplin. Bei Carl Zeiss Jena bietet ihm sich in der 3. Liga nun die wohl letzte Möglichkeit.

 Kevin Pannewitz greift noch einmal an.

Kevin Pannewitz greift noch einmal an.

Foto: dapd

Es ist noch nicht lange her, da schleppte Pannewitz den Kunden einer großen Handelskette die Kühlschränke und Waschmaschinen in die Wohnung. Ab 6 Uhr morgens, zwölf Stunden lang. Ein Knochenjob, der mit der ihm einst prophezeiten großen Karriere als Fußballprofi nichts zu tun hatte. Doch mit 25 Jahren will es Pannewitz noch einmal wissen und kämpft beim Drittligisten Carl Zeiss Jena um einen Vertrag.

"Ich merke, dass die Puste zurückkommt. Wer hätte das vor einem halben Jahr gedacht", sagte Pannewitz der "Ostthüringer Zeitung". Etwa 125 Kilo wog er bei einer Größe von 1,85 m schon, ehe es im Kopf "Klick machte", wie er selbst sagt. Einst hatte er mit nur 17 Jahren sein Zweitligadebüt bei Hansa Rostock gefeiert, wurde zu Lehrgängen der U19-Nationalmannschaft eingeladen. Nun musste der defensive Mittelfeldspieler über 30 Kilogramm abspecken, um den wohl letzten Anlauf als Fußballer zu starten.

Wie es dazu kam? Mit Timmy Thiele, seinem Schwager und besten Freund, traf er eine Vereinbarung. Thiele stieg mit Jena vor wenigen Wochen in die 3. Liga auf und wollte Pannewitz ein Probetraining besorgen, wenn dieser ausreichend abnimmt. "Ich habe mich nur noch zuckerfrei ernährt, Wasser getrunken — und fast nur noch Suppen gegessen", sagte Pannewitz.

Schon in seiner Jugendzeit in Rostock fiel er mit Übergewicht und Ausflügen ins Nachtleben negativ auf, der Klub reagierte mit einer zwischenzeitlichen Suspendierung. Nach Pannewitz' Disco-Tour 2011 mit vier Teamkollegen sagte der damalige Trainer Peter Vollmann verständnislos: "Dieser Vorfall ist an Dämlichkeit nicht zu überbieten."

Die Geschichte vom talentierten, aber undisziplinierten Jungspund machte natürlich die Runde. Es hielt Felix Magath aber nicht davon ab, den damals 20 Jahren alten Problemspieler zum Bundesligisten VfL Wolfsburg zu holen. Wer sollte ihn fit bekommen, wenn nicht er? "Es wäre schade, wenn der Fußball so ein Talent verliert", sagte Magath einst.

Doch nicht einmal "Quälix" bekam Pannewitz in den Griff, sportlich ging es immer weiter bergab, zuletzt kickte er beim Oranienburger FC in der 6. Liga und musste sein Geld anderweitig verdienen. "Ich weiß, wie es ist, morgens um 4 Uhr als Hausmeister die Mülltonnen herauszufahren oder die Einfahrt zu kehren", sagte Pannewitz.

Umso mehr weiß er nun auch die Chance in Jena zu schätzen. Ob es wirklich mit einem festen Vertrag klappt, soll sich recht bald entscheiden.

Hätte sich Pannewitz besser unter Kontrolle gehabt, würde er wohl seit Jahren Profi sein. Doch der frühe Ruhm stieg ihm zu Kopf, im Höhenflug verlor er die Bodenhaftung. "Ich bin an mir selbst gescheitert, ich habe den Kampf gegen mich verloren", sagte Pannewitz einst: "Ich hätte jemanden gebraucht, der 24 Stunden auf mich aufpasst."

Zumindest für den Moment scheint er sich nun wieder im Griff zu haben. Wohin seine Reise mit dem dreimaligen DDR-Meister in Thüringen geht, der am Samstag bei SV Wehen Wiesbaden in die Saison startet? "Zum Klassenerhalt. Ich hoffe, dass ich helfen darf", sagte Pannewitz.

(jado/sid)
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