Champions League Das Finale der bösen Buben

Berlin · Heute Abend spielen der FC Barcelona und Juventus Turin in Berlin um den Titel in der Champions League. Beide Teams haben Spieler in ihren Reihen, die auf dem Platz gerne mal die Regeln überschreiten.

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Gianluigi Buffon guckt finster entschlossen. "Wenn wir dieses Spiel gewinnen, werde ich sehr, sehr glücklich sein", sagt der Torwart von Juventus Turin. "Und ich werde jeden umarmen, der in meiner Nähe ist." Er sagt das mit so einer Eindringlichkeit und mit einem so düsteren Blick, dass es fast wie eine Drohung daherkommt. Im Bösegucken sind die Turiner, die heute ( 20.45 Uhr/Live-Ticker) im Berliner Olympiastadion auf den FC Barcelona treffen, schon Champions-League-Sieger.

Paul Pogba, Carlos Tevez, "Gigi" Buffon und ganz bestimmt Arturo Vidal vermitteln jedem Gegner den Eindruck, dass sie keinen großen Wert auf den Austausch von Nettigkeiten legen. Innenverteidiger Leonardo Bonucci kann auch finster dreinblicken. Und weil das vielleicht noch nicht reicht, um den Gegner aus Katalonien zu beeindrucken, stärkt er sich mit Knoblauch-Bonbons.

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Foto: dpa, gh

Beim FC Barcelona sorgen immerhin der nach seinen Beißattacken berühmt-berüchtigte Luis Suarez und Dani Alves mit ihren stets grimmigen Blicken dafür, dass niemand auf die Idee kommt, Fußball sei doch nur ein Spiel. Wüste Frisuren und großflächige Tätowierungen gehören bei den wilden Kerlen zum furchteinflößenden Gesamtkunstwerk.

Sie sind die Gegenpole zum vermeintlich ach so netten Leo Messi heute Abend im größten Saisonspiel des weltweiten Vereinsfußballs. Sie widerlegen auch den Eindruck, dass mit dem WM-Triumph der deutschen Mannschaft nur noch der Typ "netter Schwiegersohn" auf höchstem Niveau gebraucht werde.

Ottmar Hitzfeld, der mit Borussia Dortmund und dem FC Bayern die Champions League gewann, prägte zu seiner Münchner Zeit den Begriff des "aggressive leader" und bezeichnete den Niederländer Mark van Bommel als Idealbesetzung für diese Rolle.

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Damals kannte er Arturo Vidal noch nicht. Der Chilene füllt diesen Part so gut aus, dass Jupp Heynckes ihn vor vier Jahren gern von Bayer Leverkusen zu Bayern München mitgenommen hätte. Dabei hatte der ansonsten so prinzipienfeste Trainer beteuert, keinen Spieler von seinem alten Arbeitgeber abzuwerben. Der Transfer zerschlug sich.

Leverkusen war für Vidal eine entscheidende Station auf dem Weg zum internationalen Star, für den der FC Arsenal jetzt angeblich 50 Millionen Euro auf den Tisch legen will. Jonas Boldt, heute Manager bei Bayer 04, machte sein Gesellenstück, als er den "kleinen Krieger", wie er genannt wurde, als 19-Jährigen entdeckte. Aus Vidal ist längst ein "großer Krieger" geworden.

Er ist mittlerweile 28 Jahre alt und daheim in Chile ein Volksheld. Er gibt bei Juventus den Takt vor. Der Chilene hat Andrea Pirlo, dem großen alten Mann im Mittelfeld des italienischen Rekordmeisters, ein wenig den Rang abgelaufen. Er ist präsenter, er zieht das Spiel an sich. Auch weil er sich nicht zu schade ist, die Regelübertretung als taktisches Mittel einzusetzen. Vidal beging in dieser Champions-League-Saison 30 Fouls und liegt damit in dieser zweifelhaften Rangliste auf Platz eins vor Barcelonas brasilianischem Außenverteidiger Dani Alves.

Zum ersten Mal seit zwölf Jahren steht Juventus im Endspiel der Champions League. Für die "alte Dame", wie Italiens populärster Klub in der Heimat genannt wird, ist es die achte Teilnahme am wichtigsten europäischen Finale. Nur 1996 gegen Ajax Amsterdam und 1985 gegen den FC Liverpool gewann Turin. Es war das Spiel im Brüsseler Heyselstadion, bei dem 39 Menschen ihr Leben verloren. "Wir wollen den Sieg im Finale den Menschen widmen, die in dieser tragischen Nacht damals gestorben sind", sagt Bonucci, der in der vergangenen Woche den Gedenkgottesdienst besucht hat.

Heute gelten die Italiener, die zum vierten Mal hintereinander den nationalen Titel geholt haben und genau wie Gegner Barcelona bei einem Erfolg zum Triple-Gewinner würden, als leichter Außenseiter. Zu überzeugend, zu selbstverständlich, zu zielstrebig präsentierte sich zuletzt Barca. "Aber wir werden nicht das Opferlamm sein", verspricht Buffon.

Es ist allerdings nicht ganz unerheblich, dass Juve auf einen seiner bösen Buben verzichten muss. Innenverteidiger Giorgio Chiellini fällt wegen einer Wadenverletzung aus. "Er fehlt uns auch als starker Charakter in der Kabine", sagt Bonucci über seinen etatmäßigen Partner in der Innenverteidigung, der vom früheren Wolfsburger Andrea Barzagli ersetzt wird. Es kommt also nicht zum Treffen zwischen Chiellini und Suarez, der den Italiener bei der WM in die Schulter gebissen hatte.

Doch dieses Finale heute bietet auch so genug Stoff für große Geschichten. Vielleicht kann Juve heute Abend sogar lächeln.

(RP)
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