Champions-League-Finale Real gegen Juve — die zwei Teams im Vergleich

Düsseldorf/Cardiff · Im Champions-League-Finale zwischen Real Madrid und Juventus Turin gibt es keinen Favoriten. Auf fünf Faktoren wird es besonders ankommen. Wir haben den Check gemacht.

Jubelt am Samstagabend wieder Real Madrid?

Jubelt am Samstagabend wieder Real Madrid?

Foto: ap, AF PW

Der Fußball ist voll von diesen "Weißt-du-noch" und "Alles-schon-mal-da-gewesen"-Geschichten. Sogar das Champions-League-Finale zwischen Real Madrid und Juventus Turin gab es schon mal. Allerdings unter geringfügig anderen Vorzeichen. 1998 galt Juve mit Spielern wie Zinedine Zidane und Edgar Davids als das europäische Topteam, Real war in den internationalen Wettbewerben noch ein wenig auf der Suche nach sich selbst. Das Endspiel von Amsterdam gewann Madrid, es war der erste Erfolg im wichtigsten europäischen Wettbewerb nach 32 Jahren und der Start in eine neue Dominanz auf dem Kontinent. Mitbewirkt hat ihn Trainer Jupp Heynckes, der ein großes Team um Predrag Mijatovic, Raúl und Fernando Redondo zum 1:0 gegen Juventus führte. Heute Abend (20.45 Uhr/Live-Ticker) kann Zidane als Coach von Real eine neue Bestmarke aufstellen. Bei einem Sieg wäre er der erste Trainer, der mit seinem Team den Titel verteidigt. Ein Vergleich der beiden Mannschaften:

Die Torhüter Die lebende Turiner Legende Gigi Buffon gegen Keylor Navas, den Nationaltorwart von Costa Rica. Navas hat leichte Nachteile im Strafraumspiel und große Nachteile in der Ausstrahlung. Da bleiben auf dem Planeten wenige auf Augenhöhe mit Buffon. Deshalb: Vorteil Juventus.

Abwehrverhalten Von jeher ein Vorzug italienischer Mannschaften. Das ganze Team arbeitet mit, es attackiert seine Gegner schon im Aufbau, vor allem die Mittelfeldspieler beherrschen das defensive Denken. Die drei Verteidiger Giorgio Chiellini, Leonardo Bonucci und Andrea Barzagli bilden nicht zufällig die Dreierreihe der Nationalmannschaft. Begegnungen mit diesen Defensivkünstlern sind in aller Regel sehr unangenehm. Auch wenn Real bei Zidane gelernt hat, dass Fußball kein reiner Unterhaltungsbetrieb ist und es gelegentlich um Torsicherung geht: Vorteil Juventus.

Kreativität Wer mit dem Mittelfeld Toni Kroos, Luka Modric, Isco und Casemiro gesegnet ist, der darf in der Überzeugung leben, dass dort selbst in den schwierigsten Spielsituationen noch eine brauchbare Idee entsteht. Real hat in der Schaltzentrale die perfekte Mischung gefunden, weil es mit vier Spielern den Raum deutlich besser verdichten kann als mit der lange Jahre praktizierten Dreierbesetzung. Vor allem die Strategen Modric und Kroos sind ein großartiges Paar. Juventus vertraut auf die Disziplin von Sami Khedira und Claudio Marchisio. Es hat allerdings auch einen genialen Offensivmann. Der Argentinier Paulo Dybala verbindet große Eleganz mit großer Cleverness. Vorteil Real.

Die Stürmer Karim Benzema hat der Welt im Halbfinale bei Atlético Madrid durch seine zauberhafte Vorbereitung des Treffers zum 1:2 bewiesen, was für ein großer Spieler er ist. Dennoch steht der Franzose bei Real natürlich im Schatten des stets ein bisschen herumgockelnden, aber ungeheuer wirkungsvollen Portugiesen Cristiano Ronaldo. Allein im Viertelfinale gegen die Bayern erzielte Ronaldo fünf der sechs Tore. "Er ist noch effektiver als früher", sagt Bayerns Innenverteidiger Jerôme Boateng, "man weiß manchmal nicht, auf welchem Weg er vors Tor kommt." Die Turiner Gonzalo Higuaín und Mario Mandzukic sind dagegen Spielertypen, die von ihren Trainern im neuen Fußballsprech als Mentalitätsmonster geadelt werden. Sie geben nicht auf, und sie kennen ihre Fähigkeiten. Trotzdem: Vorteil Real.

Die Trainer Massimiliano Allegri hat Juventus nicht nur an der Spitze des italienischen Fußballs etabliert, er machte das Team auch zum Dauergast in den entscheidenden Etappen der Champions League. Großes Theater spielt er deshalb noch lange nicht. Er wirkt eher unscheinbar und leise, er entwickelt seine fachliche Autorität in der Zusammenarbeit mit den Spielern und nicht aus der Höhe eines einstigen Weltklassespielers. "Es ist doch wunderbar, dass mediokre Spieler gute Trainer werden können", hat er der "Süddeutschen Zeitung" gesagt. Sein Kollege auf der Real-Bank war alles andere als ein mittelmäßiger Fußballer. Zinedine Zidane gilt als einer der besten Spieler aller Zeiten. Aus Superstars müssen aber nicht immer auch gute Trainer werden. Doch Zidanes Spieler rühmen seine Detailarbeit. Und die Statistik weist in gerade mal anderthalb Jahren auf einem der schwierigsten Posten der Branche allerlei Positives aus. Zidane gewann die Champions League und die Meisterschaft, unterwegs blieb Real in 40 Pflichtspielen ungeschlagen. Viel mehr geht nicht. Dieser Vergleich endet unentschieden.

Das passt zu diesem Finale ohne echten Favoriten.

(pet)
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