Marc-André ter Stegen Heute ein König

Berlin · Der gebürtige Mönchengladbacher Marc-André ter Stegen gewinnt mit gerade 23 Jahren die Champions League mit dem FC Barcelona. Der ehrgeizige Torwart hat längst weitere Titel im Visier.

Marc-André ter Stegen triumphiert in der UEFA Champions League
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Ter Stegen triumphiert in der Königsklasse

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Marc-André ter Stegen war weit entfernt von der Spontanparty. Mehr als hundert Meter waren es von seinem Posten bis hinüber ans andere Ende des Berliner Olympiastadions, wo die Kollegen übereinander herfielen. Wo sie Neymar aufs Herzlichste zum 3:1-Siegtreffer im Champions-League-Finale gegen Juventus Turin gratulierten. Wo sich die Erleichterung des Favoriten beim Schlusspfiff ein Ventil suchte. Und wo Lionel Messi und seine Kameraden den 20.000 Fans, die sie in die deutsche Hauptstadt begleitet hatten, so nah kommen konnten, wie es die Architektur dieser Arena zuließ. Ganz nah kamen sie an die Zuschauer nicht heran, weil sie der Graben von ihnen trennte, der nicht zum Schutz vor Krawallos, sondern vor den Olympischen Spielen 1936 für die Kamerafahrten der Regisseurin Leni Riefenstahl angelegt worden war.

All das fand weit weg von ter Stegen statt. Der Torhüter hatte keine Eile, sich am Fest zu beteiligten. Es sollte ja noch lange dauern. Also ging er langsam und den Augenblick genießend, passierte niedergeschlagene Turiner und spendete Trost. Mitten auf dem Platz traf er Juves Schlussmann Gianluigi Buffon. Der komplett in Grün gekleidete ter Stegen und der gelbe Buffon umarmten sich innig. Es war ein schöner Farbtupfer. Vor neun Jahren hatte der Italiener an gleicher Stelle den größten Erfolg seiner scheinbar endlos langen Karriere gefeiert: Weltmeister, genau wie Andrea Pirlo und Andrea Barzagli, die am Samstag ebenfalls noch einmal ins Olympiastadion zurückkehrten. Nun war es ter Stegen, der den größten Erfolg seiner noch jungen Karriere feiern durfte. Die weit aus der Vergangenheit kommende und noch ein kurzes Stück in die Zukunft ragende Laufbahn Buffons (er will 2018 seine sechste WM spielen) und die Perspektiven des großen deutschen Torwart-Versprechens ter Stegen überlappten sich in diesem Moment.

UEFA Champions League: Begeisterter Empfang für FC Barcelona
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Begeisterter Empfang in Barcelona

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Foto: afp, JL/seb

Was ihm dieser Erfolg bedeute, wurde ter Stegen etwas später gefragt. "Keine Ahnung, ist mir auch scheißegal", sagte der gebürtige Mönchengladbacher mit der ihm eigenen Wurstigkeit in einer ersten Reaktion. Später aber meinte er: "Man weiß, man ist Champions-League-Sieger, das bleibt für die Ewigkeit." Und: "In diesem Jahr sind viele Träume wahr geworden, es ist einfach großartig, dass wir diesen Titel gewonnen haben."

Es war ja nicht nur der eine, der größte Titel im Vereinsfußball, den Barcelona in diesem Jahr gewonnen hat. Den nationalen Pokal und die Meisterschaft haben die Katalanen für sich entschieden. Ter Stegen ist damit Triple-Sieger im ersten Jahr in der Fremde. Dass ihm Trainer Luis Enrique die Ligaspiele vorenthielt und im Tagesgeschäft auf den Chilenen Claudio Bravo setzte, mag den überaus ehrgeizigen Niederrheiner wurmen ("Es ist nicht befriedigend, dass man nicht spielt"), doch der Umgang mit dieser ihn betreffenden Personalentscheidung gehört auch zum Lernprozess, den ein 23-Jähriger durchlaufen muss, wenn er in eine neue Umlaufbahn katapultiert wird.

Ter Stegen bot im Berliner Finale eine gute Vorstellung. Von Nervosität keine Spur. Dem Gegentreffer durch Alvaro Morata war eine Parade gegen einen scharfen Schuss von Carlos Tevez vorangegangen. Man muss schon überaus kritisch sein, um Barcas Torwart einen Vorwurf daraus zu konstruieren, dass der Ball von ihm zum Torschützen prallte. "Ich glaube, dass es schwierig war zu überlegen, wo man den hinlenkt", sagt ter Stegen. "Ein Stürmer dieser Qualität lauert genau auf so etwas." Seine Ruhe, seine Verlässlichkeit und seine Qualitäten als mitspielender Torwart stellte ter Stegen unter Beweis. Das Ensemble der Weltstars akzeptiert seinen Torwart als elften Feldspieler. Dafür, dass sein Handwerk nicht so spektakulär ausfiel, wie das des Kollegen Buffon, der mit seinen Pranken die Begegnung mehrfach offen hielt, lag schlicht daran, dass Juve nicht so häufig in aussichtsreiche Position gelangte wie die Katalanen.

FC Barcelona: Gerard Pique klaut das Tornetz aus dem Olympiastadion
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Pique klaut das Tornetz aus dem Olympiastadion

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Foto: dpa, lus fux

Für ter Stegen geht die Reise weiter. Sechs Tage Pause hat ihm DFB- Trainer Horst Hrubesch gewährt, bevor er am Samstag zur Europameisterschaft der Junioren unter 21 Jahren nach Tschechien reist. Ter Stegen: "Wenn man Titel gewinnt, muss man auch feiern. Der Trainer würde auch sagen: Alles andere macht keinen Sinn. Und genauso sehe ich das auch, heute muss man feiern und den Moment genießen, den man geschaffen hat." Die EM der U21 wirkt als Bühne nun etwas klein für diesen Champions-League-Sieger.

(RP)
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