Champions-League-Analyse Der magischen Nacht folgt die Kampfansage

München (RPO). Gegen Manchester United hat Bayern München Deutschland begeistert. Wieder einmal, wenn es in dieser Saison in den großen Spielen darauf ankam. Der Rekordmeister ist unter Trainer Louis van Gaal auf einem guten Weg zurück in die Beletage des internationalen Fußballs.

CL 09/10, Viertelfinale: Reaktionen
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Foto: APN

Das war beim spektakulären 4:1 im "Finale" der Champions-League-Gruppenphase bei Juventus Turin schon so. Die Leistung beim 1:0 im DFB-Pokal-Halbfinale bei Schalke 04 mit dem Traumtor von Arjen Robben genügte ebenfalls hohen Ansprüchen. Der Triumph gegen Manchester United war allerdings von einer anderen Qualität und noch einmal ein Schritt nach vorn.

Nicht nur, weil die ersatzgeschwächte Mannschaft ohne Robben und Schweinsteiger den Rückstand nach 64 Sekunden in letzter Sekunde noch in einen Sieg verwandelte. Sondern auch, weil die Red Devils definitiv zu den besten Klubs der Welt gehören - und der FC Bayern das Spiel dominiert und hochverdient gewonnen hat.

Um kurz nach halb elf klemmten die Schriftgelehrten auf der Bayern-Bank die Blöcke mit ihren Aufzeichnungen unter den Arm und setzten zum gemeinsamen Jubeltänzchen an. Van Gaals Trainerteam genoss den Augenblick nach dem späten 2:1-Siegtreffer von Ivica Olic.

Eindeutige Statistik

Als der Tanz vorbei war, hatte van Gaal natürlich wieder die Sinne frei für die Fußball-Wissenschaft. Und es wird ihm gefallen haben, dass auch die Statistik der Uefa für seine Münchner sprach. 60 Prozent Ballbesitz hatte der deutsche Rekordmeister, bei den Torschüssen lag er mit 19:11 vorn, 8:2 Ecken verbuchte er, und Manchesters Torwart Edwin van der Sar musste elfmal retten, während sein Bayern-Kollege Jörg Butt den Abend mit drei Paraden zu Ende bringen durfte.

Die Geister von 1999 vertrieben und bereit für den Kampf ums Triple: Das findet auch der stolze Manager Christian Nerlinger: "Es war eine große Nacht für den FC Bayern, wir sind auf Augenhöhe mit den Großen." Mit dem Rückenwind einer magischen Nacht richtete Nerlinger auch gleich eine Kampfansage an Schalke 04: "Die Mannschaft muss jetzt schnell den Hebel umstellen, schließlich wollen wir deutscher Meister werden. Die Mannschaft wird auf Schalke beflügelt auftreten. "

Groß gefeiert wurde mit Blick auf das Bundesliga-Gipfeltreffen am Samstag (15.30 Uhr, Live-Ticker) beim Tabellenführer aber nicht. Nur der überglückliche Siegtorschütze Ivica Olic ("Das war ein sensationeller Sieg in genialer Atmosphäre") verschwand mit ein paar Kumpels und gönnte sich noch ein Bier.

"Es gab in der Kabine keine große Euphorie, sondern der Fokus wurde sofort auf Schalke gelegt", berichtete der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge: "Wir wollen mit einem Sieg die Tabellenführung zurückerobern. Das ist das Schlüsselspiel für die Meisterschaft, und erst danach denken wir an das Rückspiel in Manchester."

"Das hat uns keiner zugetraut"

Und Franck Ribery wagte sogar den Blick auf den Triumph in der Königsklasse: "Finale? Warum nicht." Der Franzose hatte nach dem 0:1-Schock nach nur 64 Sekunden durch Wayne Rooney mit seinem Freistoßtor in der 77. Minute die spektakuläre Wende eingeleitet.

Der 2:1-Triumph "der Leidenschaft, des Willens und des Charakters" (Rummenigge) ist ein perfektes Omen. Schließlich hatte der FC Bayern auf dem Weg zum Champions-League-Sieg 2001 United ebenfalls im Viertelfinale zu Hause mit demselben Ergebnis bezwungen. In Manchester gab es damals einen 1:0-Erfolg - und solch einen Coup plant Trainer-Schlitzohr Louis van Gaal nach dem "süßen Sieg" auch diesmal: "Wir haben in der Champions League auswärts zuletzt viele Tore erzielt - vier in Turin und zwei in Florenz. Wir können also viel Vertrauen haben."

Mit Schweinsteiger und Robben

Zumal der Niederländer für die kommenden beiden "Endspiele" seine Bestbesetzung aufbieten kann: Der diesmal noch gelbgesperrte Schweinsteiger und auch Robben nach überwundenen Wadenproblemen kehren gegen Schalke 04 ins Team zurück. Manchester United muss dagegen nicht nur die erste Champions-League-Auswärtsniederlage nach 16 Spielen, sondern auch eine Verletzung von Superstar Rooney verkraften. Der schlimm umgeknickte englische Nationalstürmer humpelte in einem Spezialschuh und auf Krücken aus dem Stadion und fällt wohl einige Wochen aus.

"Die sind abhängig von ihrem Star. Bei uns ist das nicht so", sagte der starke Hamit Altintop. Uniteds Teammanager Sir Alex Ferguson war angefressen und bezeichnete die Leistung seiner Mannschaft als "Riesenenttäuschung": "Bayern hat jetzt eine gute Chance. Aber wir sind noch nicht tot."

Schließlich steht am nächsten Mittwoch noch das Heimspiel im Old Trafford, dem Theater der Träume, an. Zuvor muss Manchester aber im vorentscheidenden Meisterschaftsspiel beim FC Chelsea antreten - eine ähnlich schwierige Aufgabe wie die des FC Bayern auf Schalke.

Schwierig würde es sicher auch im Halbfinale der Champions League, wo der Sieger des Duells Olympique Lyon gegen Girondins Bordeaux wartet (Hinspiel 3:1). Aber auch machbar. Wer ManU rauswirft , der braucht sich vor Lyon und Bordeaux nicht zu fürchten. Die Bayern haben eine große Chance, erstmals nach dem Triumph 2011 wieder das Finale in der Königsklasse zu erreichen.

(Mit SID-Material)
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