Kolumne: Gegenpressing Der Größenwahn der Champions-League-Macher

Düsseldorf · Manchester City muss wohl eine Strafe zahlen, weil Fans während der Hymne des Wettbewerbs gepfiffen haben. Die Uefa nimmt sich damit wieder viel zu wichtig.

 Fans von Manchester City hatten vor dem Anstoß gegen den FC Sevilla während der Wettbewerbs-Hymne der Königsklasse gepfiffen, die europäische Fußball-Union Uefa leitete daraufhin ein Disziplinar-Verfahren ein.

Fans von Manchester City hatten vor dem Anstoß gegen den FC Sevilla während der Wettbewerbs-Hymne der Königsklasse gepfiffen, die europäische Fußball-Union Uefa leitete daraufhin ein Disziplinar-Verfahren ein.

Foto: afp, bf/mm

Eines der programmatischen Schlagwörter der Europäischen Fußball-Union lautet "Respect". Das ist lobenswert, aber auch ziemlich absurd, wenn man sieht, was gerade bei den Fußballverbänden — ob Fifa, Uefa oder DFB - los ist. Nun gut. Es ist sicher ein gerechtfertigtes Anliegen, dass Spieler, Schiedsrichter und Zuschauer durch Wort und Tat Respekt voreinander bekunden. Und zum Respekt gehört vielleicht auch, dass die Fans artig lauschen, wenn vor den Spielen der Champions League die von großem Selbstvertrauen kündende Hymne des Wettbewerbs ("Sie sind die Besten") erklingt. Schließlich verbindet sich mit der Melodie gerade für Neulinge im Wettbewerb wie Borussia Mönchengladbach das Gefühl, es jetzt zu den Großen geschafft zu haben.

 RP-Sportchef Martin Beils.

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Foto: Phil Ninh

Beim Spiel zwischen Manchester City und dem FC Sevilla pfiffen die Fans der Briten während der Wettbewerbs-Hymne. Das ist zwar nicht die feine englische Art, aber sicherlich kein grobes Vergehen. Grund für die Pfiffe: Die Fans protestierten auf diese vergleichsweise harmlose Art dagegen, dass ZSKA Moskau Geisterspiele gegen die Citizens (wie auch gegen Bayern München) bestreiten muss und auch keine Gästefans zugelassen sind.

Die Uefa leitete wegen der Pfiffe während der Hymne nun ein Disziplinar-Verfahren ein. Denn die Erkennungsmelodie der Königsklasse ist der Uefa heilig. In den Regularien des Verbandes regelt Punkt 16 g hochoffiziell den Schutz des nach Georg Friedrich Händels "Zadok The Priest" vor mehr als 20 Jahren von Tony Britten komponierten Stücks. Störungen während der Hymne ziehen zwangsläufig ein Verfahren nach sich. Der Kontroll-, Ethik- und Disziplinarausschuss der Uefa wird sich am 19. November mit dem Fall befassen. Haben die Sittenwächter am Genfer See gerade nichts Besseres zu tun?

Dieser Passus im 108-seitigen Reglement der Champions League macht den Größenwahn, der den vermeintlich großen Fußball begleitet, mal wieder deutlich. Die so genannte Hymne der Champions League wird zu etwas Besonderem überhöht - und das ganz bestimmt ohne Augenzwinkern. Der Fußball bekommt damit von offizieller Seite einen religiösen Anstrich. Oder das Champions-League-Liedchen wird gleichgesetzt mit einer Nationalhymne, während der sich Pfiffe natürlich verbieten.

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(RP)
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