Chaos und Diskussionen "Kurs-Korrektur" beim Videobeweis ärgert den DFB-Boss

Köln · Der Videobeweis sorgt weiter für Diskussionsstoff. Ein Schreiben der Schiedsrichter-Bosse an die Bundesligisten über Anpassungen hat nun DFB-Präsident Reinhard Grindel verwundert.

Videobeweis in der Bundesliga: Wichtige Szenen und Probleme seit Saisonbeginn
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Videobeweis: Wichtige Szenen und Probleme seit Saisonbeginn

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Foto: dpa, fg nic

DFB-Präsident Reinhard Grindel kanzelt seine Schiedsrichter-Chefs öffentlich ab, Trainer wie Spieler motzen in schöner Regelmäßigkeit: Der Videobeweis ist zum großen Zankapfel des deutschen Fußballs geworden. Gerechter und transparenter sollte das Spiel mit der Überprüfung aus der Konserve werden, jedoch erscheint vieles chaotischer als jemals zuvor.

"Dieses Schreiben wurde mit mir nicht abgestimmt", sagte Grindel bei NDR Info, der Ärger ob des Alleingangs seiner obersten Regelhüter war dem gemeinhin als Musterdiplomat bekannten Verbands-Chef deutlich anzumerken: "Ich bin darüber nicht glücklich." Der Schiedsrichter solle weiter "das Sagen" haben und der "Videoassistent kein Oberschiedsrichter" sein.

Dabei hatten seine Unparteiischen-Bosse Lutz Michael Fröhlich und Hellmut Krug zuvor nur versucht, zu retten, was an einem wöchentlich heftiger kritisierten System noch zu retten ist. Ein Schreiben an alle Bundesligisten hatten Fröhlich und Krug verfasst, der wegen des Vorwurfs der Vetternwirtschaft und Günstlingspflege in seiner Amtsführung ohnehin unter Beschuss steht. Das allerdings bestenfalls halbtransparent.

Am Freitag wandte sich Fröhlich noch einmal an die Klubs und bedauerte ausdrücklich, dass "missverständliche Formulierungen" im Brief der vergangenen Woche für Irritationen gesorgt und Fragen aufgeworfen hätten. Denn an die Öffentlichkeit war das erste Schreiben dennoch gelangt.

Wie der kicker berichtet, ist in dem Papier von einer "Kurs-Korrektur" die Rede. Diese sei vorgenommen worden, "ohne den grundsätzlichen Ansatz des Videoassistenten-Projekts 'Eingriff nur bei klarem Fehler' infrage zu stellen". Des Weiteren wird gefordert, dass der Videoassistent sich unverzüglich dem Unparteiischen mitteilt, auch in "schwierigen Situationen", in denen die Einordnung der Schiedsrichterentscheidung in die Kategorie "klarer Fehler" nicht zweifelsfrei gewährleistet sei, der Videoassistent aber starke Zweifel an der Berechtigung der Entscheidung habe.

Wenn sich die Wahrnehmung beider dabei "gravierend" unterscheide, könne der Unparteiische sich die Situation noch einmal am Video-Monitor anschauen. "Die Entscheidung, ob ihm ein klarer Fehler unterlaufen ist, liegt dann bei ihm selbst", schreibt der DFB und verweist auf die Definition, die die internationalen Regelhüter des IFAB (International Football Association Board) vorgeben.

"Der Videobeweis gehört weg"

Klingt alles in der Theorie gut. Das Chaos, das beispielsweise Freiburgs Trainer Christian Streich am Sonntag nach dem Platzverweis gegen seinen Verteidiger Caglar Söyüncü wegen Handspiels gegen Stuttgart anprangerte ("Absurd, die Krönung, ich bin fassungslos") und in dem Freiburgs Stürmer Florian Niederlechner seinem Coach beisprang ("Der Videobeweis gehört weg. Das ist ein Schmarrn!"), werden die neuen Weisungen mit ziemlicher Sicherheit nicht entfernen.

Bayern-Trainer Jupp Heynckes sorgt sich gar um die Autorität des Referees und um das Wesen des Spiels. "Man sollte den Schiedsrichter nicht zu sehr beschneiden. Nur bei ganz gravierenden Dingen sollte der Videobeweis zu Rate gezogen werden. Man darf den Fußball nicht verwässern", sagte der 72-Jährige: "Man darf nur bei ganz gravierenden Dingen und nicht permanent eingreifen." Gladbachs Sportdirektor Max Eberl meinte: "Momentan ist vieles in der Kommunikation nicht sauber, aber dass der DFB etwas verbessern will, finde ich positiv."

In diesem Sinne sah sich nun Grindel zu einem Machtwort veranlasst. "Ich bin dafür, dass der Videoassistent nur dann eingreift, wenn glasklar dem Schiedsrichter auf dem Platz ein Wahrnehmungsfehler unterlaufen ist und er seine Entscheidung mit Sicherheit anders getroffen hätte", sagte er.

Fröhlich stellte am Freitag noch einmal klar, dass der Schiedsrichter der hauptverantwortliche Spielleiter sei und die finale Entscheidung treffe. Der Video-Assistent sei ein "Assistent" und nicht "Schiedsrichter" oder gar "Oberschiedsrichter".

(sid)
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