0:1-Pleite gegen den HSV Hoffenheim gibt Gisdol noch eine Chance

Sinsheim · Die Marketingabteilung von 1899 Hoffenheim muss den brandneuen Adventskalender mit dem Konterfei von Markus Gisdol doch (noch) nicht einstampfen. Trotz des 0:1 (0:0) gegen den Hamburger SV wird der angezählte Trainer, der am Samstag wie gewohnt beim Auslaufen der Profis auf dem Platz stand, im kommenden Punktspiel beim 1. FC Köln auf der Bank sitzen.

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Die Klubführung um Mehrheitseigner Dietmar Hopp will dem Retter von einst wohl noch eine Chance geben, sich selbst zu retten — obwohl die TSG erst einen Saisonsieg gefeiert hat und mit lediglich sechs Punkten so schlecht wie noch nie zu diesem Zeitpunkt einer Saison dasteht. Mit dieser Entwicklung hat Gisdol, der direkt nach der Pleite Resignation erkennen ließ, wahrscheinlich selbst nicht gerechnet.

"Wir Trainer sind auch nur Menschen. Die Dinge prallen nicht an mir ab", sagte der 46-Jährige, der einen Vertrag bis 2018 besitzt. Von einem Rücktritt wollte Gisdol, der den Klub wenige Wochen nach seinem Dienstantritt im Mai 2013 vor dem Abstieg bewahrt hatte, aber nichts wissen: "Das kann ich mir aktuell nicht vorstellen, weil ich ein gutes Verhältnis zur Mannschaft habe. Wir wollen gemeinsam durch das Tal durch."

Direkt nach der Niederlage gegen den HSV, für die Pierre-Michel Lasogga mit seinem späten Treffer (88.) verantwortlich war, hatten sich die Aussagen der Profis allerdings nach Abschied angehört. "Der Coach hat in den vergangenen Tagen nochmal versucht, alles reinzuwerfen", sagte der niedergeschlagene Kapitän Pirmin Schwegler: "Wir wussten, dass ein Sieg her muss. Aber wir haben wieder versagt."

Auch Kevin Volland musste eingestehen, dass die Profis unter Gisdol nicht mehr viel auf die Reihe bekommen. "Der Trainer erreicht uns, er macht ein gutes Training und hat eine klare Ansprache. Aber wir bringen es nicht auf den Platz", sagte der frustrierte Nationalspieler.

Zum Armutszeugnis für den Klub geriet kurz darauf der Auftritt des Sportdirektors. Alexander Rosen gab zu Protokoll, dass er weiter von Gisdol überzeugt sei, er aber im Grunde nichts zu sagen habe: "Es gibt Mitarbeiter im Verein, die über mir stehen." Danach stimmte auch Rosen ein Loblied an, das verdächtig nach Abschied klang: "Dass es auch mit einem guten Trainer nicht mehr passt, ist in dem Geschäft normal."

Nicht normal ist es nach Ansicht Rosens dagegen, dass über das Treffen von Hopp unter der Woche mit drei Profis (Schwegler, Volland, Eugen Polanski) schon am nächsten Tag in den Medien berichtet wurde. "Es ist legitim, dass sich der Boss mit Spielern trifft", sagte der Sportchef, der kein Verständnis für das Vorgehen des unbekannten "Maulwurfs" hat: "Es ist sehr bitter, dass die Reihen nicht geschlossen sind."

Allerdings ist die Tatsache, dass sich Hopp ohne das Wissen von Gisdol und Rosen mit den Profis getroffen hat, auch nicht gerade ein Indiz für geschlossene Reihen. Die aktuelle Krise ist ohnehin nicht der einzige Grund für die Fragezeichen hinter Gisdol.

Der Coach, der gegen den HSV zum 85. Mal an der TSG-Seitenlinie stand und damit zum bisherigen Rekordtrainer Ralf Rangnick aufschloss, hatte sich bereits zu Jahresbeginn mit hohen Gehaltsforderungen ins Abseits manövriert. Am Ende wurde der Vertrag zwar verlängert, das Verhältnis zwischen dem gebürtigen Geislinger und Hopp gilt seit dieser Zeit aber als angespannt.

(sid)
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